Pressemitteilungen
Öffentlichkeitsarbeit: Dr. Stephan Goltermann / Tel. 0385 588-61800 / stephan.goltermann@lallf.mvnet.de
Fische, Quoten und Kontrollen
Tagung aller Fischereiinspektoren der Küstenbundesländer und des Bundes
(PM vom 13. November 2024) Das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF) hat zur alle zwei Jahre stattfindenden Tagung der Fischereiaufsicht der Küstenländer Deutschlands und des Bundes nach Boltenhagen eingeladen (12./13.11.24). Vorträge von Experten aus Wissenschaft und Verwaltung schaffen die Basis für einen Austausch zu Forschungsergebnissen, neuen Kontrollmethoden und zur Entwicklung der Fischereiaufsicht, die stark durch die europäische Gesetzgebung bestimmt wird.
In einem besonderen Fokus stand die Freizeitfischerei. „Nach neuesten Untersuchungen des Thünen-Instituts für Ostseefischerei angelten im Jahr 2020/21 in der Nordsee rund 69.000 und in der Ostsee und den Boddengewässern rund 221.000 Personen. Auf die Nordsee entfielen dabei rund 128.000, auf die Ostsee rund eine Million und auf die Boddengewässer rund 252.000 Angeltage“, sagte Dr. Harry V. Strehlow, Arbeitsgruppenleiter Marine Freizeitfischerei des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock. Damit verdeutlichte er den Zuhörern die Rolle in ihrem täglichen Überwachungs- und Kontrollbereich der Gewässer. Strehlow fasste zusammen, dass Angler eine bedeutende und variable Menge Fisch einzelner Arten und Bestände entnehmen. Konkret schlussfolgerte er: „Ein Paradigmenwechsel ist notwendig, denn die Freizeitfischerei wird in Deutschland bedeutsamer als die kommerzielle Fischerei. Angler geben viel Geld für ihr Hobby an der Ostsee aus. Der Gesamtproduktionswert von Ostsee und Boddengewässern wird auf jährlich knapp 413 Millionen Euro beziffert, was mehr als 3.700 Arbeitsplätze sichert.“ Folgerichtig ist die Einbeziehung der Freizeitfischerei in den Wiederaufbau von Fischbeständen, wie z. B. des Dorsches wichtig.
Als besonders positiv stellte der Experte heraus, dass anders als beim Dorsch, dieses Jahr die Schließung der Angelfischerei auf Lachs in der Ostsee verhindert werden konnte. „Hier folgte der EU-Ministerrat der Empfehlung Deutschlands, die sich weitgehend auf wissenschaftliche Gutachten des Thünen-Instituts stützte. Wir haben berechnet, dass die bisherigen sehr restriktiven Regelungen der Freizeitfischerei die Bestände nicht gefährden. Daher dürfen Angler 2025 in der Ostsee weiterhin einen Lachs aus Besatz, gekennzeichnet durch den Fettflossenschnitt, pro Person und Tag entnehmen“, berichtet Strehlow erleichtert. Dies wird einigen Küstengemeinden in MV, z.B. auf Rügen, helfen, ihre tourismuswirtschaftliche Bedeutung zu erhalten, da einige von ihnen in hohem Maße auf Lachsangler spezialisiert sind und daher von dieser Entscheidung betroffen gewesen wären.
In einem weiteren Thema, das viel Ungemach bei den Freizeitanglern erzeugen kann und die zukünftige Arbeit der Fischereiinspektoren stark beeinflussen wird, beschrieb Strehlow die Umsetzung der geänderten Kontrollverordnung. „Sie wird weitreichende Änderungen für Meeres-angler ab dem 1.Januar 2026 in ganz Europa bringen. Ab diesem Datum müssen sie sich registrieren und ihre Fänge täglich elektronisch dokumentieren.“ Dies gilt zunächst nur für bestimmte Fischarten und wird ab 2030 auf alle Fischbestände ausgedehnt, auf die die Freizeitfischerei erhebliche Auswirkungen hat. „Wichtig ist, jetzt eine Informationskampagne für Meeresangler zu beginnen, um sie auf diese Berichtspflichten vorzubereiten. Erfolgt dies nicht, wird es zu einer starken Ablehnung und Nichteinhaltung des EU-Rechts kommen“, prophezeit Strehlow.
Dass neueste Möglichkeiten der Technik keinen Halt vor der Fischereiaufsicht machen, zeigt der Fakt, dass Drohnen Einzug in die Überwachung halten. Auf der Tagung fand auch hierzu ein Erkenntnisaustausch statt. Die Drohnenunterstützung wird bei der Überwachung und Eindämmung von illegalen Aktivitäten unter anderem in den Kernzonen, Nationalparken, Schongebieten und Winterlagern effektiv sein.
Interessantes zum Aal im marinen Bereich trug Dr. Malte Dorow, Sachgebietsleiter Binnen- und Küstenfischerei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA) vor: „Die Überwachung der Bestandsentwicklung des Aals im Küstenbereich von MV deutet in den letzten Jahren auf einen sich stabilisierenden bzw. sogar anwachsenden Bestand hin“. Vor dem Hintergrund der durch die EU geforderten Bewertung der umgesetzten Aalschutzmaßnahmen sind die erarbeiteten Datenreihen der LFA von hohem Interesse. Langzeitdaten zur Aalbestandsentwicklung sind aus dem marinen Bereich im Vergleich zum Datenstand des Binnenbereichs unterrepräsentiert.
„Insgesamt waren die Botschaften der Wissenschaftler zu den Fischbeständen und zum Zustand der westlichen Ostsee ernüchternd. Umso wichtiger ist eine effiziente Fischereiaufsicht, damit Fisch und Fischerei eine Zukunft haben.“, fasst Dr. Stephan Goltermann, Direktor des LALLF, die Ergebnisse aus MV-Sicht zusammen.
Hintergrund
Die Tagungsreihe der Fischereiinspektoren erhöht die Qualität und Effizienz der Inspektionsarbeit der Fischereiaufsicht und stellt einen einheitlichen Standard in der Überwachung und Kontrolle sicher. Der Austausch von Erfahrungen und Best Practices trägt zudem zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Inspektionsmethoden bei. Eine abgestimmte Fischereikontrolle in den deutschen Küstenmitgliedstaaten ist für die homogene Durchführung der gemeinsamen Fischereipolitik unerlässlich.
Die Inspektorentagung der deutschen Küstenbundesländer und des Bundes konnte aus Mitteln des EMFAF finanziert werden.
Kommt ‘ne Mücke geflogen oder seltene Tierkrankheiten erobern den Nordosten.
(PM vom 24. September 2024) In den Laboren der Tierseuchendiagnostik des Landesamts für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF) in Rostock werden vermehrt bislang eher seltene Tierkrankheiten festgestellt. Die Blauzungenkrankheit ist an 395 Tieren nachgewiesen worden, darunter Rinder, Schafe sowie drei Yaks und ein Wisent. „Hier untersuchen wir nur die Spitze des Eisbergs.“, ist sich Dr. Stephan Goltermann, Leiter des LALLF, sicher. Die sich in diesem Jahr rasant über das gesamte Bundesgebiet ausbreitende, anzeigepflichtige Viruskrankheit verursacht Tierverluste und den Rückgang von Milch- und Mastleistung bei Rindern, Schafen und Ziegen. Für den Menschen ist sie hingegen ungefährlich.
Anders das West-Nil-Virus, das vor allem Vögel, aber auch Pferd und Mensch befallen kann. 57 Proben wurden in das Labor gesandt. Sechs Proben verendeter Vögel waren positiv (drei Schneeeulen, zwei Bartkäuze, ein Waldkauz) und nach dem Erstnachweis 2022 erneut ein Pferd. Auch diese Krankheit ist anzeigepflichtig.
Das Usutu-Virus hat keinen besonderen Status nach Tierseuchenrecht und läuft deshalb etwas unter dem Radar. Dabei ist das in Deutschland erstmals 2010 nachgewiesene Virus für ein immer wieder registriertes massives Vogelsterben, insbesondere bei Amseln, verantwortlich – zuletzt 2018. Im LALLF wurden 12 von 48 eingesandten Proben positiv getestet. Ein systematisches Monitoring existiert nicht. Die Dunkelziffer ist deshalb hoch.
Allen genannten Krankheiten ist eines gemeinsam: Die Viren werden durch Vektoren, hier durch bestimmte Mücken übertragen. Zecken und exotische Mücken sind, nicht zuletzt durch die Klimaveränderung bedingt, auf dem Vormarsch. Die Auwald- bzw. Wiesenzecke, Überträgerin der Babesiose bei Hunden („Hundemalaria“), wurde unlängst auf der Insel Poel nachgewiesen und die prominentere Asiatische Tigermücke, Überträgerin des Dengue-Virus‘, hat sich inzwischen bis Berlin ausgebreitet.
Ob bei Mensch, Tier oder Pflanze – Vektor übertragene Krankheiten werden uns zunehmend beschäftigen.