Ausgewählte Beiträge aus der Broschüre "Verbraucherschutz im Fokus 2021"
LALLF und Ausbildung
Von Pipette bis Gaschromatograph: Junge Leute können im LALLF lernen, welche hochmodernen Methoden und Geräte dazu dienen, unter anderem mögliche Tierseuchen oder Krankheitserreger sowie Rückstände in Lebensmitteln zu erkennen. Entsprechen Lebensmittel den hygienischen Anforderungen? Ist in der Apfelsaftschorle das drin, was rein darf oder was enthalten sein muss? Sind gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe in Lebens- oder Futtermitteln nachzuweisen? Aber auch kosmetische Mittel werden auf Inhaltsstoffe und ihre korrekte Kennzeichnung geprüft. Im LALLF erlernen die Azubis die wichtigen Fakten, Grundlagen und Fähigkeiten für ihre berufliche Zukunft als LaborantIn. Es gibt derzeit die Möglichkeit, die Berufe Biologie- oder Chemielaborant/-in im LALLF zu erlernen. Im Jahr 2021 waren drei Azubis in der Ausbildung zum Biologielaboranten.
Die Aussichten, bei einem erfolgreichen Abschluss in das Amt übernommen zu werden, sind aufgrund der aktuellen Altersstruktur sehr gut.
Seit dem August 2020 ist das LALLF zuständige Stelle in der Berufsbildung der Land- und Hauswirtschaft. Gemäß des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), nimmt die Behörde mit Sitz in Güstrow und der Außenstelle in Neubrandenburg folgende Aufgaben wahr:
- Anerkennung von Ausbildungsstätten,
- Anerkennung der fachlichen Eignung von Ausbildern,
- Überwachung und Kontrolle der Ausbildung in den Ausbildungsstätten,
- Führung des Verzeichnisses der eingetragenen Ausbildungsverträge,
- Organisation und Durchführung aller Prüfungen im Bereich der beruflichen Aus- und Fortbildung für die Land- und Hauswirtschaft,
- Beratung aller an der Ausbildung Beteiligten.
In der Agrar- und Hauswirtschaft des Landes MV wird in 15 Bildungsberufen ausgebildet. Nach besonderen Bestimmungen können auch behinderte/benachteiligte junge Menschen ausgebildet werden (Landwirtschaftshelfer/in, Gartenbauhelfer/in, Fachpraktiker/in Hauswirtschaft). Die Tabelle gibt einen Überblick zu den Berufen und der Anzahl Auszubildende des Jahres 2021.
Weitere Aufgaben der Zuständigen Stelle des LALLF sind die Abnahme und Organisation der Meisterprüfungen in den Berufen Landwirt und Gärtner. Gemeinsam mit den Zuständigen Stellen der anderen Bundesländer sind Meisterausbildungen in anderen Berufen möglich, damit Betriebe in den grünen Berufen auch in der Zukunft über fachlich gut ausgebildete Führungskräfte verfügen.
Leistungsdaten der veterinärmedizinischen Labordiagnostik
2021 war der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in einem Schweinehaltungsbetrieb sowie im Wildschweinebestand das prägendste Ereignis. Diese Erstnachweise der ASP in MV hatten entsprechend Einfluss auf die Labordiagnostik des LALLF.
Von Bedeutung war ebenfalls das grassierende Auftreten der Geflügelgrippe mit dem hochpathogenen Influenza-A-Virus H5N8 in zahlreichen Geflügelbeständen während des zweiten Halbjahres 2020 und des ersten Halbjahres 2021. Hervorzuheben ist auch ein Ausbruch von BHV1 bei Rindern, da MV nach Art.10 der Richtlinie 64/432/EWG ein anerkannt BHV1-freies Gebiet darstellt und dieser Status auch erhalten blieb.
Im April 2021 traten der neue europäische Rechtsakt mit der Basisverordnung (EU) 2016/429 und zahlreichen Delegierten Verordnungen sowie Durchführungsverordnungen in Kraft. Mit einer schrittweisen Umsetzung der neuen Vorschriften wurde begonnen. Dieser Prozess wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen und Auswirkungen auf Überwachung und Bekämpfung von Tierseuchen haben.
Entsprechend der Probenzahlen waren im Jahr 2021 die Untersuchungen auf Bovine Herpes-1 Viren am wichtigsten, gefolgt von den BVD-Überwachungsuntersuchungen. Neben den anderen Kontrolluntersuchungen als auch Ab¬klärungen von Krankheits- und Verlustgeschehen nahm die Abteilung Tierseuchendiagnostik wieder an verschiedenen, nachstehenden Monitoringprogrammen des Bundes bzw. des Landes teil. Dazu gehörten:
- Überwachung der Klassischen Schweinepest bei Haus-und Wildschweinen
- Überwachung der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen
- Überwachung und Früherkennung der ASP in Schweine haltenden Betrieben des Landes MV
- Überwachung und Aufrechterhaltung der Tollwutfreiheit
- Überwachungsprogramm für Aviäre Influenza bei Haus-und Wildvögel
- Überwachung der Blauzungenkrankheit
- Zoonose-/Resistenzmonitoring bei
- Kälbern zur Mast (aufgezogen in Milchviehbetrieben; aufgezogen in Mastbetrieben; für Schlachtung bis spätestens 12 Monate)
- Mastschweinen am Schlachthof
- Mastkälbern am Schlachthof
- Programm zur Bekämpfung der Paratuberkulose in Rinderbeständen in MV
- Überwachung der Verbreitung des Erregers der Amerikanischen Faulbrut in den Bienenhaltungen MV
- PRRS-Monitoring in Schweinebeständen in MV
- Salmonellenmonitoring in Schweinezuchtbetrieben in MV
- Verbreitung des Fuchsbandwurms bei Wildkarnivoren in MV
- Monitoring zur Verbreitung des West-Nil-Fieber-Virus bei Pferden
Im Rahmen der Aufgabenerfüllung des LALLF wurden zur Diagnostik, Kontrolle und Überwachung von anzeigepflichtigen Tierseuchen, meldepflichtigen Tierkrankheiten, Zoonosen und anderen bedeutenden Infektionen bzw. deren Erregern sowie des Tierschutzes 2021 insgesamt 549.303 Proben unterschiedlicher Art bearbeitet:
Probenart
- Blutproben 213.103
- Ohrstanzproben 210.403
- Milchproben 96.417
- TSE-Proben 10.469
- Bluttupfer 7.382
- Kot, Sockentupfer, Staubersatzproben 6.715
- Tierkörper-, Organ-, Abortproben 2.397
- Honig-/Wabenproben 973
- Sekretproben 664
- sonstige 780
Tierart/Tiergruppe
- Rind 498.560
- Wildschwein 18.918
- Hausschwein 16.179
- Nutzgeflügel 7.136
- Schaf/Ziege 3.598
- Pferd 1.040
- Bienen 988
- Fische 39
- sonstige Tiere/Herkunft 2.845
Die landwirtschaftlichen Nutztiere mit 527.745 Proben waren mit Abstand die bedeutendste Gruppe. Es folgten die Proben von Wildtieren (19.814), Heim- und Hobbytieren (485) sowie von Zootieren (447). Weiterhin wurden 812 sonstige bzw. Proben ohne Angabe eingesandt.
Statistik der labordiagnostischen Fachbereiche
Serologie
- Proben, insgesamt 311.286
- Untersuchungen (Proben z.T. im Pool) 505.021
davon
ELISA (z.T. im Pool) 492.803
Agglutinationsreaktion 10.160
Mikroagglutinationsreaktion 1.638
Komplement-Bindungsreaktion 420
- wichtige Untersuchungsparameter (Antikörper), Proben/Untersuchungen:
Bovine Herpes1-Viren 248.671
Brucellen 131.407
Mycobacterium avium ssp. paratuberculosis 58.521
Schweinepest-Viren 15.951
Bovine Leukose-Viren 14.168
BVD-Viren 11.534
Viren der Aujezskysche Krankheit 6.253
Salmonellen 2.729
Blauzungen-Viren 1.641
Maedi Visna 1.454
Aviäre Influenza-Viren 501
Virologie
- Proben, insgesamt 856
- Untersuchungen, insgesamt 1.053
Zellkultur 2
Serumneutralisationstest (SNT) 823
Hämagglutinationstest (HA) und Hämagglutinationshemmungstest (HAH) 228
PCR
- Proben, insgesamt 242.707
- Untersuchungen (Proben, z. T. im Pool) 265.017 für Tierseuchendiagnostik 257.844 für Lebensmittelanalytik 6.043 anderes 1.130
- wichtige Untersuchungsparameter Tierseuchendiagnostik , Proben/Untersuchungen:
BVD-Viren 210.806
Viren der Afrikanischen Schweinepest 20.713
Aviäre Influenza-Viren 3.566
Viren der Blauzungenkrankheit 2.367
Mycobacterium avium ssp. paratuberculosis 1.809
Schmallenberg-Virus 1.591
SARS CoV 2 747
Viren der Klassischen Schweinepest 736
Pathologie
- Proben zur Sektion, insgesamt 1.463
Tierkörper, insgesamt 1.227
Zoo- und Wildtiere 309
Hausgeflügel 247
Schweine 215
Rinder 191
Schafe/Ziegen 104
Fische 35
Pferde 10
sonstige 116
Organe, insgesamt 26
Abortproben, insgesamt 210
- Tiere zur Probennahme und äußeren Begutachtung Tierkörper/Köperteile 814
- Histologie: Präparate insgesamt 4.194
Paraffin-/Gefrierschnittpräparate 3.745
Fluoreszenzpräparate (einschließlich Tollwut) 449
Parasitologie
- Proben, insgesamt 458 Sektionsmaterial 377 Kotproben 67 Bieneneinsendungen 13 sonstigen Proben 1
- Untersuchungen, insgesamt 1.528
Bakteriologie
- Proben/Teilproben, insgesamt 10.637 Sektionsmaterial 5.785 Kotproben 2.890 Honig- bzw. Wabenproben 980 Sekretproben 540 Hygiene-/Umweltproben 319 sonstige Proben 123
- Kulturansätze, insgesamt 16.172 Direktkulturen 11.881 Anreicherungskulturen 4.291
- Antibiogramme, MHK-Wertbestimmung 677
- wichtige Untersuchungsparameter,
Proben/Teilproben (gezielte Kulturansätze)
Salmonellen 4.068
Paenibacillus larvae 975
Brucellen 530
Campylobacter 323
Taylorella equigenitalis 385
TSE/BSE
- Proben, untersuchte insgesamt 9.800
Rinder (286 verendet/getötet, 8.982 geschlachtet) 9.268
Schafe 489
Ziegen 42
Sonstige 1
Klinische Chemie
- Proben, insgesamt 237
- Untersuchungen, insgesamt 1.451
Clostridieninfektionen bei Tieren
„Ein attraktives, junges Aussehen und ein faltenfreies Gesicht“ - so wird für die Botox-Behandlung gegen Falten geworben. Bei dem dafür eingesetzten Mittel handelt es sich um das Botulinumtoxin bzw. Botulinum Neurotoxin, eines der stärksten bekannten Gifte, welches vom Bakterium Clostridium botulinum produziert wird. Etwa 40 g davon sollen ausreichen, die gesamte Weltbevölkerung zu vergiften (1). In äußerst starker Verdünnung unter die Haut gespritzt, wird damit in der Schönheitschirurgie aber auch ein faltenfreies Aussehen erlangt. Wird das Toxin jedoch z. B. mit verdorbenen Lebensmitteln aufgenommen (u. a. über verunreinigte Konserven), kann es beim Menschen zu einer schwerwiegenden Vergiftung (Botulismus) kommen. Auch Tiere können durch mit Toxin kontaminiertes Futter, z. B. mit Kadavern kontaminiertes Heu oder Wasser an Botulismus erkranken. Das aufgenommene Toxin wirkt an den motorischen Nervenendigungen und führt zur Lähmung der Muskulatur, weshalb die betroffenen Tiere kein Wasser oder Futter mehr aufnehmen können. Sie verdursten oder der Tod tritt durch Lähmung der Atemmuskulatur ein.
Im LALLF konnten seit dem Jahr 2019 in mehreren Proben, die aus drei Beständen in das Labor für Pathologie eingesendet wurden, Intoxikationen mit Botulinum Neurotoxin nachgewiesen werden. Es waren ein Rinder-, ein Pferde-sowie ein Geflügelbestand betroffen
Liegt eine Intoxikation mit Botulinum Neurotoxin vor, können in der Sektion nur sehr unspezifische Befunde (akutes Herz-Kreislauf-Versagen) erhoben werden. Die Sektion dient daher vor allem dem Ausschluss anderer Erkrankungen. Ein erster Verdacht auf Botulismus wird durch die klinische Untersuchung gestellt. So wurden sowohl 2019 in dem Rinder- als auch 2021 in dem Pferdebestand plötzliche Todesfälle beobachtet. Bei weiteren Tieren kam es dort zum Festliegen und es zeigten sich diverse, Botulismus typische Lähmungen, wie eine schlaffe Zunge und eine Kehlkopflähmung. Im Rahmen der Diagnostik wurden von Tieren aus beiden Beständen Proben (Mageninhalt, Leber, Blut) entnommen und an externe Labore versandt. Dort konnte in diagnostischen Tierversuchen an Mäusen sowie mittels molekularbiologischer Untersuchungen Botulinum Neurotoxin sowohl in Proben aus dem Rinder- und auch aus dem Pferdebestand nachgewiesen werden. Vermutlich war kontaminiertes Futter die Ursache für die Vergiftungen in dem Pferdebestand, da in dem zusätzlich eingeschickten Futter der Erreger Clostridium botulinum nachgewiesen werden konnte. Für den Rinderbestand konnte die Eintragsquelle nicht ermittelt werden.
2021 traten in einem Geflügelbestand ebenfalls vermehrt Todesfälle auf. Nach dem Ausschluss von anzeigepflichtigen Tierseuchen und meldepflichtigen Tierkrankheiten wurden Proben von einem Huhn und einer Ente an ein externes Labor zur Untersuchung gegeben. Botulinum Neurotoxin konnte nachgewiesen werden.
Für den Nachweis von Botulinum Neurotoxin muss zwingend ein Tierversuch an Mäusen durchgeführt werden. Daher werden nur Proben zur Botulismusdiagnostik versendet, bei denen die klinische Untersuchung einen ausreichenden Verdacht liefert sowie andere Erkrankungsursachen ausgeschlossen werden können.
Infobox
Clostridien sind Bakterien, die sich unter Luftabschluss (anaerob) vermehren und Dauerformen (Sporen) bilden. Es werden mehr als 200 verschiedene Clostridienspezies unterschieden, die weltweit verbreitet in der Umwelt, aber auch im Darm gesunder Menschen und Tiere vorkommen. Etwa 20 Arten, die sich durch eine mehr oder weniger starke Bildung verschiedener Toxine auszeichnen, können bei Mensch und Tier Erkrankungen wie Wundinfektionen, Durchfallerkrankungen oder Vergiftungen auslösen. Bekannte Wundinfektionskrankheiten sind Tetanus (Clostridium tetani) und Rauschbrand (Clostridium chauvoei). Clostridium difficile spielt in der Humanmedizin zunehmend bei Antibiotika induzierten Durchfällen eine Rolle.
Clostridien können bei Tieren lebensbedrohliche Gewebsinfektionen auslösen. Eine Infektion mit Clostridium chauvoei führt zum sogenannten Rauschbrand, einer bei Rindern anzeigepflichtigen Tierseuche. Diese akut und seuchenhaft verlaufende Infektion ist durch Gasödeme in großen Muskelpartien (knisternde Schwellung an Hals, Schulter, Rücken, Oberschenkel) gekennzeichnet und führt meist innerhalb weniger Stunden zum Tod. 2020 kam es in einem Rinderbestand mit Weidehaltung vermehrt zu plötzlichen Todesfällen. Drei Tiere wurden zur Sektion in das LALLF gegeben und es gelang der Nachweis von Clostridium chauvoei. So konnte die Diagnose Rauschbrand gestellt werden. Aber auch andere Clostridienarten können Gasödeme verursachen. So ist der Pararauschbrand, verursacht durch Clostridium septicum, differentialdiagnostisch zu berücksichtigen. In den Jahren 2020 und 2021 konnte jeweils bei zwei Rindern Pararauschbrand nachgewiesen werden.
Im Rahmen der Durchfalldiagnostik wird aus Proben, die in den Amtslaboren für Pathologie und Bakteriologie eingehen, häufig Clostridium perfringens isoliert. Im Jahr 2021 wurden 383 Proben aus der Sektion und 125 direkt ins bakteriologische Labor gesandte Proben zum Clostridiennachweis anaerob kultiviert. Aus 167 Sektions-proben und aus 13 Proben der Bakteriologie konnten Clostridium perfringens Infektionen nachgewiesen werden. In geringer Zahl gehört Clostridium perfringens zur natürlichen Darmflora. Vermehrt sich der Erreger stark, z. B. aufgrund von Futterumstellungen, Parasitenbefall oder Stress, kann es zur Freisetzung der von Clostridium perfringens gebildeten Toxine in den Darm kommen.
Dadurch werden massive Veränderungen der Schleimhäute verursacht, die zu den typischen blut- und gashaltigen Durchfällen führen. Daneben können Toxine im Körper verteilt werden und Veränderungen an anderen Organen wie Leber, Niere oder Muskulatur bedingen. Insbesondere Wiederkäuer sind für eine Infektion empfänglich. So konnte der Erreger 2021 bei 36 von 59 zur Sektion eingesandten Kälbern mit Durchfall nachgewiesen werden. Weitere Nachweise erfolgten bei kleinen Wiederkäuern, Schweinen, Rindern, Pferden, Vögeln sowie bei Zootieren.
(1) Quelle: Arnon SS. Human tetanus and human botulism. In: Rood JI, McCla¬ne BA, Songer JG, Titball RW, editors. The Clostridia:Molecular biology and pathogenesis. London: Academicpress; 1997. p. 95-115.
2021- Erstnachweis der Afrikanischen Schweinepest in MV
Nachdem im September 2020 die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Deutschland, genauer in Brandenburg, bei einem Wildschwein erstmals festgestellt worden ist, sind die Untersuchungszahlen in MV stark angestiegen. Ein gutes Jahr später, am 15.11.2021, gab es den ersten ASP-Nachweis in MV. Anstatt des zu erwartenden Ausbruchs in der Wildschweinpopulation war hier eine große Schweinemastanlage im Landkreis Rostock mit über 4.000 Hausschweinen betroffen. Zwei plötzlich (perakut) verendete Mastschweine gelangten am 15.11.2021 vormittags zur Sektion in die Pathologie des LALLF. Seit drei bis fünf Tagen traten in dem Betrieb vermehrt Todesfälle auf, teils mit hohem Fieber, Blaufärbung der Haut (Zyanose) und Atemwegsproblematik (Dyspnoe) vorweg sowie vereinzelt blutigem Durchfall (Diarrhoe). Am Tag der Sektion waren aus einer Schweinebucht bereits 15 von 30 Tieren verendet. Laut mündlicher Aussage des Landwirtes „sprang die Infektion inzwischen von Bucht zu Bucht“.
Die Sektionsbefunde ergaben einen ersten Verdacht auf eine septikämische Infektionskrankheit mit Hinweisen auf eine erhöhte Blutungsneigung in der Endstrombahn (hämorrhagische Diathese). Besonders auffällig waren hierbei insbesondere kleine, stecknadelstich- bis stecknadelkopfgroße Blutungen am Herzvorhof (Abb. A) und in der Niere, massive Einblutungen in das Nierenbecken (Abb. B) sowie dunkelrote, deutlich geschwollene Magenlymphknoten (Abb. C). Bei einem Tier konnten zudem Einblutungen in den Magen-Darm-Trakt festgestellt werden. Aufgrund des Vorberichtes und der pathologisch-anatomi-schen Sektionsbefunde wurden die Proben (Organpool) sofort an das molekularbiologische Labor zwecks PCR-Untersuchung (Real Time Polymerase-Kettenreaktion) zur Bearbeitung weitergereicht. Weniger als vier Stunden später lag ein reaktives Ergebnis vor.
Infobox
Seit dem Jahr 2012 werden im LALLF mittels Poly¬merase-Kettenreaktion (PCR) Proben von Wild- und Hausschweinen auf die DNA des Virus der Afrikani¬schen Schweinepest (ASPV) untersucht. Das ist eine hochsensitive Methode, mit der aus Blut oder blut¬haltigen Proben (Organe, Bluttupfer, Knochenmark) Genomabschnitte des Virus innerhalb von wenigen Stunden nachgewiesen werden können. Im LALLF sind auch Testverfahren zum Antikörpernachweis etabliert. Da infizierte Schweine i.d.R. sterben, bevor das Immunsystem nachweisbare Antikörper bildet, spielt diese Diagnostik derzeit keine Rolle in der ASP-Tierseuchenbekämpfung.
Das Probenmaterial ist zur Bestätigung sofort zum Nationalen Referenzlabor (NRL) am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems transportiert worden. Nach der Bearbeitung noch an demselben Tag stand gegen 20:30 Uhr offiziell fest: Der Ausbruch der ASP in MV galt somit als bestätigt.
Mikroskopisch ließ sich am folgenden Tag mittels feingeweblicher Untersuchung bei beiden Schweinen eine mode¬rat ausgeprägte nichteitrige herdförmig gefäßbetonte Gehirnentzündung (Enzephalitis) nachweisen (Abb. D). Des Weiteren wurde ASPVirus-DNA in zwei Schlachtlebern von Mastschweinen nachgewiesen, die aus diesem Bestand zu einer Schlachterei verbracht und dort am 15.11.2021 geschlachtet wurden.
Nur eine Woche später (24.11.2021) wurde bei einem während einer Drückjagd in den Ruhner Bergen im Landkreis LUP, unweit der Brandenburgischen Landesgrenze, verendet aufgefundenen Wildschweinkadaver eines Frischlings ASPV-Genom mittels Bluttupfer nachgewiesen. Somit erfolgte der ASPV-Nachweis in der Wildscheinpopulation MV. Während dieser Drückjagd wurden ebenfalls Blutproben von gesund erlegten Wildschweinen entnommen. Drei Proben wiesen ebenfalls ASPV-DNA auf. Alle ASP-Befunde sind durch das NRL bestätigt worden.
MV war damit das dritte Bundesland in Deutschland, in dem bei Wildschweinen die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen wurde.
Die Untersuchungszahlen zum ASP-Erreger/Genomnachweis haben sich im LALLF stetig erhöht (siehe Diagramm). Mit dem Auftreten der ASP in Polen, insbesondere an dessen Westgrenze, wurde für das Jagdjahr 2017/18 vom Landwirtschaftsministerium (LM) die „Pürzelprämie“ ausgegeben. Damit setzte man einen Anreiz zum erhöhten Abschuss von Wildschweinen und zum Auffinden von Indikatortieren (Fallwild, Unfalltiere, krank angesprochen erlegte Tiere). Bei Indikatortieren erhöhte man die Prämie, wenn der Tierkörper sachgerecht in Konfiskatbehältern entsorgt und Probenmaterial zum LALLF eingesandt wurde.
Im Oktober 2020 haben zeitgleich die Veterinärämter der Landkreise MSE und VG verfügt, dass auch Proben aller gesund gestreckten Wildschweine aus einer Pufferzone zu Brandenburg und Polen zum LALLF verschickt werden müssen. Das betrifft einen Korridor von 20 bis 30 km in Jagdgebieten in östlichen und südlichen Regionen von MV. Auch für Betriebe mit Hausschweinen ist ein freiwilliges ASP-Monitoring per Erlass vom 03.04.2020 aufgelegt worden. Danach sind wöchentlich jeweils mindestens zwei verendete Schweine pro Betriebseinheit per Bluttupfer zu beproben. Das Monitoring soll im Falle eines ASP-Ausbruches den Betrieben, die im Restriktionsgebiet liegen, aber selbst ohne Nachweis sind, die Handelsbeziehungen weitestgehend ermöglichen. Inzwischen haben sich mehr als 130 Betriebe diesem Monitoring angeschlossen.
Den höchsten Anstieg an Probenzahlen im LALLF ergab der Erlass des LM vom November 2021. Seit dem Dezember 2021 sind alle gesund gestreckten Wildschweine aus den Landkreisen VG, LUP, MSE, dem Altkreis Güstrow sowie der Landesforst auf ASP zu untersuchen. Weil das Fleisch, insbesondere an Weihnachtsfeiertagen, frisch verarbeitet werden sollte, entstand zusätzlicher Zeitdruck im Labor. Auch logistische Fragen zur Probenübergabe mussten geklärt werden. Teilweise wurden Sonderkuriere für einen schnelleren Probentransport zum LALLF eingesetzt. Um einen Zeitverzug in der Ergebnisübermittlung zu vermeiden, ist auf der Homepage des Amtes ein Service eingerichtet worden: Die Untersuchungsergebnisse stehen online zur Verfügung, welche die Jäger auf der LALLF-Homepage anhand der Wildursprungsnummern heraussuchen können.
Bisherige Nachweise des ASPV-Genoms in Wildschweinen betreffen zurzeit ein relativ eng begrenztes Gebiet im Landkreis Parchim nahe der Brandenburgischen Grenze. Bei sieben verendet aufgefundenen sowie drei gesund erlegten Wildschweinen konnte es im LALLF nachgewiesen werden. Somit ist bisher (Stand 25.01.2022) mit insgesamt zehn Wildschweinen ein Anteil von ca. 0,05 % der gesamten bis dahin untersuchten Wildschweinproben aus MV infiziert. Der ASP-Hausschweinbestand wurde beräumt und die Region um den Betrieb im Landkreis Rostock gilt wieder als ASP-frei. Dagegen kann das Restriktionsgebiet des positiven Wildschweinfundes im Landkreis LUP nach EU-Recht frühestens 12 Monate nach dem letzten positiven ASP-Nachweis aufgehoben werden. Tierhandel und Jagdwesen unterliegen bis dahin besonderen Maßnahmen.
West-Nil-Virus-Monitoring beim Pferd
Im September 2018 wurde erstmals in Deutschland das West-Nil-Virus bei Vögeln und später auch bei Pferden nachgewiesen. Die Meldungen im Tierseuchen-Nachrichtensystem (TSN) zeigen, dass sich das Virus in den letzten Jahren weiter im östlichen Teil Deutschlands ausgebreitet hat
Infobox
Bei dem West-Nil-Virus handelt es sich um ein Flavivi¬rus, das zur Gruppe der Japanischen Enzephalitisviren zählt. Es ist ein sogenanntes Arbovirus, welches über Mücken übertragen wird. Reservoirwirte sind Vögel, die hohe Virustiter ausbilden können, ohne selbst zu erkranken. Greifvögel und Krähenartige erkranken allerdings schwer, mit oftmals tödlichem Verlauf.
Das Virus kann auf Pferde und Menschen übertragen werden, die meist nur geringe Krankheitssymptome zeigen und auch nur niedrige Virustiter ausbilden. Bei etwa 8 % der infizierten Pferde kommt es aber zu neurologischen Symptomen mit einer Sterblichkeitsrate von 30 – 50 %.
Im Jahr 2018 wurde die Polymerase-Kettenreaktion zum Virusnachweis im LALLF eingeführt. Die bisher untersuchten Probenzahlen zeigt die folgende Tabelle. Alle Proben zeigten ein negatives Ergebnis
Eine Amsel aus MV (Landkreis Rostock) wurde 2018 im Referenzlabor positiv getestet.
2019 sind im LALLF auch Tests zur Antikörperuntersuchung eingeführt worden. In einem speziesunabhängigen Enzymgekoppelten Immuntest (ELISA) können IgG-Antikörper nachgewiesen werden. Positive Proben müssen weiter abgeklärt werden, da auch Antikörper gegen nahe verwandte Viren wie z. B. das FSME-Virus (FSME=Frühsommer-Meningoenzephalitis) in diesem ELISA unspezifisch reagieren können. Es steht weiterhin ein IgM-Antikörper-ELISA zur Verfügung, der „frische“ Infektionen nachweisen kann.
Um die Verbreitung des Virus in der Pferdepopulation von MV zu bestimmen, wurde ein serologisches Monitoring (Untersuchung auf Antikörper) geplant und in den Jahren 2020-2021 durchgeführt. Die Blutproben wurden in der Tierkörperbeseitigungsanstalt entnommen und anonymisiert. Die Kreiszugehörigkeit der Proben sowie vorhandene Impfinformationen aus den Pferdepässen wurden dem Labor mitgeteilt.
In der Tabelle ist ein Überblick zu den durchgeführten serologischen Untersuchungen der letzten Jahre dargestellt.
Im Rahmen des Monitorings wurden 1.012 Blutproben untersucht. Es handelte sich hierbei um Proben von 1.004 Pferden, sieben Eseln und einem Kamel.
Lediglich zwei Pferde wurden nachweislich mit einem West-Nil-Virus-Impfstoff immunisiert. Eins davon reagierte im AK-ELISA negativ, das andere war im IgG-ELISA positiv, konnte aber nicht weiter differenziert werden.
Eine Übersicht zu dem im Rahmen des Monitorings durchgeführten Untersuchungen gibt folgende Tabelle.
Alle Proben sind mittels IgG-Antikörper-ELISA untersucht worden. Die fraglichen und positiven Proben wurden weiterhin im IgM-Antikörper-ELISA analysiert. Hier reagierten alle Proben negativ. 16 der 17 auffälligen Proben wurden zur weiteren Differenzierung zum Friedrich-Loeffler-Institut weitergeleitet. In fünf der Proben konnten Antikörper gegen das nahe verwandte FSME-Virus (TBEV) nachgewiesen werden. Bei zehn Proben war eine weitere Differenzierung nicht möglich. Lediglich eine Probe wurde als WNV-Antikörper positiv bestätigt.
Das Monitoring gibt einen Hinweis, dass das West-Nil-Virus in MV noch nicht weit verbreitet ist, eine Infektion aber bei entsprechender Klinik differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen werden sollte. Für Pferde stehen Impfstoffe zur Verfügung. In gefährdeten Gebieten wird die Impfung seitens der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKoVet) empfohlen.
Tollwut
Deutschland gilt seit 2008 als tollwutfrei. In MV wurde 1995 letztmalig ein Fall von Tollwut bei einem Landtier (so¬genannte terrestrische Tollwut) festgestellt. Allerdings gab es in der Vergangenheit immer wieder Tollwutfälle bei Fledermäusen, zuletzt 2019. Das Virus der Fledermaustollwut unterscheidet sich von dem der terrestrischen Tollwut, ist aber nicht minder gefährlich für den Menschen.
Die Tollwutüberwachung durch das LALLF ist durch einen Landeserlass geregelt, der 2015 grundlegend geändert wurde. Seitdem werden keine flächendeckenden Untersuchungen mehr durchgeführt, sondern nur noch sogenannte Indikatortiere getestet. Dabei handelt es sich um verendete, kranke bzw. verhaltensauffällige oder durch Verkehrsunfall getötete Füchse, Marderhunde und Waschbären. Leider hat sich die Anzahl der zur Tollwutdiagnostik eingesandten Tiere dadurch drastisch verringert.
Die Routinediagnostik im LALLF wird an Abklatschpräparaten von Gehirnproben mittels eines sogenannten direkten Immunfluoreszenztests durchgeführt. So kann in Nervenzellen vorhandenes Virusmaterial durch entsprechend markierte Antikörper „zum Leuchten gebracht“ und mikroskopisch nachgewiesen werden (siehe Abbildung). Fälle, bei denen ein Personenkontakt in Form einer Bissverletzung vorliegt, werden durch eine zweite Untersuchungsmethode abgesichert. Hier kommt seit zwei Jahren die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) zum Einsatz.
2021 sind im LALLF insgesamt 105 Proben auf Tollwut untersucht worden, 74 davon waren Indikatortiere, in 14 Fäl¬len handelte es sich um Fledermäuse. Vereinzelt gelangten auch Hunde und Katzen zur Untersuchung, in erster Linie, um nach Bissverletzungen beim Menschen eine Infektion auszuschließen. Tollwutvirus wurde in keinem der Fälle nachgewiesen.
In Polen hingegen hatte man im vergangenen Jahr 113 Tollwutausbrüche bei Fuchs, Marderhund, Hund und Katze zu verzeichnen.
Vor diesem Hintergrund und in Zeiten mit einem erhöhten Verbringen von Heimtieren aus osteuropäischen Ländern nach Deutschland birgt ein niedriges Niveau der Kontrolluntersuchungszahlen die Gefahr, einen möglichen Eintrag der terrestrischen Tollwut nicht rechtzeitig zu erkennen.
Neuer Rechtsrahmen für Tierarzneimittel - was sind die Folgen?
Arzneimittelgesetzes verankert war, hat einen eigenen Rechtsrahmen für Tierarzneimittel erhalten. Die europäische Verordnung (EU) 2019/6 über Tierarzneimittel und die nationale Umsetzung in Form des Tierarzneimittelgesetzes sind seit dem 28. Januar 2022 geltendes Recht. Die neuen Tierarzneimittelrechtsakte sind speziell auf die Besonderheiten im Umgang mit Tierarzneimitteln ausgelegt, da zur Humanmedizin erhebliche Unterschiede bestehen.
Ziel der neuen EU-Verordnung ist es,
- die Verwaltungslast zu verringern,
- den Binnenmarkt weiterzuentwickeln,
- die Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln zu verbessern und
- gleichzeitig das höchste Maß an Schutz der Gesundheit von Mensch, Tier und der Umwelt zu gewährleisten.
Insbesondere soll das Risiko der Entwicklung antimikrobieller Resistenzen gegen Human- und Tierarzneimittel weiter vermindert werden.
Dies sind die wichtigsten Inhalte der beiden neuen Rechtsakte:
- Erhalt des tierärztlichen Dispensierrechtes: Der Tierarzt darf in Deutschland weiterhin Arzneimittel beziehen, anwenden, abgeben und unter bestimmten Bedingungen auch herstellen.
- Die Umwidmung von Arzneimitteln im Therapienotstand wurde vereinfacht: Es kommt vor, dass in Deutschland kein zugelassenes Tierarzneimittel für die erkrankte Tierart oder ein bestimmtes Anwendungsgebiet verfügbar ist. Hier darf nun in der ersten „Umwidmungsstufe“ ein Tierarzneimittel, das für eine andere Tierart oder ein anderes Anwendungsgebiet zugelassen ist, aus Deutschland oder anderen Mitgliedstaaten unkompliziert verbracht und eingesetzt werden.
- Die neue „Union Product Database“ enthält alle in der EU zugelassenen Tierarzneimittel zur Recherche: Bestehende Therapielücken können nun zum Wohl der Tiere durch Präparate anderer Mitgliedstaaten schneller geschlossen werden.
- Der Internethandel mit Tierarzneimitteln wird reglementiert: Jede Internetseite muss das EU-Logo tragen und ist zu überwachen. Mit verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln darf derzeit nicht gehandelt werden.
- Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen: Es wird nachfolgend Einschränkungen bzw. Verbote für bestimmte antibiotische Wirkstoffe in der Tiermedizin geben. Sie sind dann der Humanmedizin vorbehalten. Eine prophylaktische Anwendung von Antibiotika ist nur noch im Ausnahmefall erlaubt.
- Erweiterung der jährlichen Meldung des Verkaufsvolumens von antimikrobiell wirksamen Arzneimitteln in Deutschland, die bei Tieren angewendet werden: Dies wird bereits jedes Jahr für Rinder, Schweine, Hühner und Puten vorgenommen. Die Mengen für Hunde und Katzen müssen dann erstmals für das Jahr 2025, für alle weiteren Lebensmittel liefernden Tiere (z. B. Pferde, Enten Gänse, Flossenfische, Schafe, Ziegen, Kaninchen) für das Jahr 2026 gemeldet werden.
Der neue Tierarzneimittelrechtsrahmen entspricht dem Bestreben der EU, den ganzheitlichen Verbraucherschutz, aber auch den Tierschutz weiter zu verbessern.
Es sind bereits nachgeordnete Rechtsakte der Verordnung (EU) 2019/6 erlassen worden und weitere werden hier folgen. Auf nationaler Ebene müssen ebenfalls noch diverse Anpassungen an die neue Rechtslage vorgenommen werden. Auch wenn derzeit vieles noch neu oder vielleicht ungeklärt ist, werden Mensch und Tier von der Spezialisierung im Bereich Tierarzneimittelrecht profitieren.
Trotz der umfassenden Neuerungen sind in der Tierarzneimittelüberwachung 2021 risikobasiert Inspektionen durchgeführt worden. Insgesamt wurden im Rahmen der Überwachung ein Strafverfahren und 92 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.
In den meisten Fällen handelte es sich dabei um Verstöße gegen die Nachweispflichten zur Anwendung von Arzneimitteln bei lebensmittelliefernden Tieren gemäß der Tierhalter-Arzneimittelanwendungs- und Nachweisverordnung und der Verordnung über tierärztliche Hausapotheken sowie um Versäumnisse hinsichtlich der Mitteilungspflichten bezüglich des nationalen Antibiotikaminimierungskonzeptes. Dieses Konzept in der Mast von Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten stand auch weiterhin im Fokus. Die Anzahl der Betriebe, die bei ihren zur Mast gehaltenen Tieren in einem Halbjahr auf den Einsatz von Antibiotika vollständig verzichten konnten, ist im gleichen Zeitraum in etwa konstant geblieben, wie folgende Abbildung verdeutlicht
Es ist außerdem zu erkennen, dass die Gesamtzahl der Betriebe in MV, die mit ihrem betrieblichen Wert die bundesweite Kennzahl 2 übersteigen, seit Beginn des Minimierungskonzeptes gesunken ist.
Infobox
Tierhalter, die eine bestimmte Anzahl Rinder, Schweine, Puten oder Hühner berufs- oder gewerbsmäßig zum Zweck der Fleischerzeugung halten, haben gemäß § 54 und 55 Tierarzneimittelgesetz dem LALLF als zuständige Behörde in MV Mitteilungen zur Tierhaltung und zur Antibiotikaanwendung zu machen. Nach Eingang dieser Meldungen wird für jeden Tierhalter anhand seiner Angaben eine betriebsindividuelle Größe, die halbjährliche betriebliche Therapiehäufigkeit errechnet. Nach einer Plausibilitätsprüfung durch die MitarbeiterInnen der amtlichen Tierarzneimittelüberwachung werden diese Daten dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mitgeteilt. Das BVL ermittelt anhand einer Rangliste aller bundesweit erfassten Therapiehäufigkeiten pro Halbjahr für jede der Nutzungsarten
• Mastkälber bis 8 Monate,
• Mastrinder ab 8 Monate,
• Mastferkel bis 30 kg,
• Mastschweine über 30 kg,
• Masthühner und Mastputen
folgende Größen:
• die bundesweite Kennzahl 1 (Median = Wert, unter dem 50 Prozent aller erfassten halbjährlichen betrieblichen Therapiehäufigkeiten liegen) und
• die bundesweite Kennzahl 2 (3. Quartil = Wert, unter dem 75 Prozent aller erfassten halbjährlichen betrieblichen Therapiehäufigkeiten liegen).
Die Auswertung deutet allerdings auch darauf hin, dass bei allen Bemühungen, den Antibiotikaverbrauch weiter zu reduzieren, ein Punkt erreicht ist, an dem es bei den bestehenden Rahmenbedingungen in den Nutztierhaltungen von MV zunehmend schwieriger wird, eine weitere Minimierung zu erreichen.
Mehr Tierschutz bei der Schlachtung von Schweinen
Auch wenn der Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch in Deutschland sinkt, bleibt die Nachfrage von Schweinefleischprodukten aus Schlachterhandwerksbetrieben hoch. In MV betreiben ca. 30 selbstschlachtende Betriebe dieses Handwerk. Hierbei kommt dem Tierschutz ein hoher Stellenwert zu. Mit der EU-Verordnung 1099/2009 wird der Tierschutz bei der Schlachtung europaweit einheitlich geregelt. Die Tötung und damit zusammenhängende Tätigkeiten darf nur durchführen, wer über entsprechend qualifiziertes Personal und technisch einwandfrei funktionierende Betäubungsanlagen verfügt. Wurden noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts Schweine durch einen gezielten Keulenschlag auf die Stirn betäubt, ist die elektrische Kopf-Durchströmung mittels einer Elektrozange heutzutage ein praktiziertes Verfahren zur tierschutzgerechten Einzeltierbetäubung. Durch die elektrische Durchströmung wird im Gehirn ein sogenannter epileptiformer Anfall ausgelöst, der zum Verlust der Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit führt, wodurch die Schweine schmerzunempfindlich werden.
Infobox
Das Tierschutzgesetz bestimmt eine Schlachtung ohne vorherige Betäubung als nicht tierschutzgerecht. Die Betäubung hat sicherzustellen, dass die Tiere schnell und unter Vermeidung von Schmerzen oder Leiden in einen bis zum Tod anhaltenden Zustand der Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit versetzt werden.
Die technische Fortentwicklung der elektrischen Betäubungsgeräte in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass es nunmehr deutlich mehr Möglichkeiten gibt, die komplexen Geräte zu programmieren. Das bedeutet aber auch ein Mehr an möglichen Fehlerquellen. Studien zeigen, dass bei der Elektrobetäubung von Schweinen unzureichende Betäubungen nicht ausgeschlossen werden können. Die Ursachen dafür sind für den Anwender, aber auch für das amtliche Kontrollpersonal häufig schwer erkennbar und somit auch schwer abzustellen. Probleme beziehen sich beispielsweise auf einzuhaltende Grenzwerte bei der Kopf-und Kopf-Herzdurchströmung in Abhängigkeit von den Frequenzen des verwendeten Wechselstromes. Auch die Fachleute in den Schlachtbetrieben sind hier häufig unsicher, welche Programme eine gute Betäubung bei gleichzeitig bestmöglicher Fleischqualität sicherstellen können. Gemäß der Verordnung (EG) 1099/2009 liegt es in der Verantwortung der Hersteller, die technischen Anforderungen einzuhalten und die Anlagen so zu steuern, dass eine möglichst tierschonende Verwendung und eine sichere Betäubung gewährleistet werden können.
Aufgrund der Komplexität dieses Sachverhalts ist die Beurteilung der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben im Einzelfall gerade auch bei neueren Anlagen durch die zuständigen Behörden recht schwierig. Daher erfolgen die regelmäßigen Prüfungen der Betäubungsanlagen in den Schlachtbetrieben durch die zuständigen Veterinärbehörden zusammen mit dem Technischen Dienst des LALLF. Wichtige Kontrollpunkte sind die Prüfungen auf Gewährleistung der Stromstärke, Frequenz und Strommodulation. Des Weiteren werden auch die Funktionen der vorgeschriebenen Anzeigen, Warneinrichtungen und Aufzeichnungen in die Prüfung einbezogen.
Seit dem Dezember 2019 müssen die Betäubungsanlagen über eine technische Vorrichtung zur Aufzeichnung von sogenannten Schlüsselparametern der Elektrobetäubung verfügen. Diese Datenlogger speichern zu jedem Betäubungsvorgang die Stromstärke, Frequenz, Dauer der Stromeinwirkung sowie Abweichungen von vorgegebenen Sollwerten. Der aktuelle Stand der Technik, der von den Herstellern umgesetzt wird, ist eine graphische Aufzeichnung der Betäubungsparameter. Die Schlüsselparameter werden für jedes Tier aufgezeichnet und können auch im Nachhinein betrachtet werden. Diese Aufzeichnungsform ist übersichtlich und gut nachvollziehbar.
Treten wiederholt Fehler auf, kann anhand der Aufzeichnungen in Verbindung mit der Erkenntnislage der Betrei¬ber die Anlage überprüft und ggf. Fehler ausgeschlossen werden. Beispielhafte Fehlerursachen können
- Bedienungsfehler,
- falscher Zangenansatz,
- falsche Positionierung des Schweins vor der Betäubung,
- mangelnde Wartung,
- verschmutzte Elektroden oder
- zu geringer Zangenanpressdruck
sein.
Um eine bundeseinheitliche Kontrolle von elektrischen Betäubungsanlagen zu gewährleisten, hat der Bundesverband der technischen Sachverständigen im Veterinärwesen auf seiner letzten Arbeitstagung in MV ein angepasstes und damit optimiertes Prüfprotokoll auf den Weg gebracht. Die Bemühungen hierzu sollen in eine standardisierte Norm (DIN) einfließen. Zeitgleich ist durch die Bundesregierung ein einheitliches Prüf- und Zulassungsverfahren für Betäubungsanlagen und -geräte auf den Weg gebracht worden. Dies soll grundlegende Verbesserungen im Hinblick auf eine tierschutzgerechten Betäubung schaffen.
Futtermittelsicherheit - Ergebnisse der Kontrolltätigkeit der Futtermittelüberwachung 2021
Futtermittel sind nicht nur Energie- und Nährstofflieferanten, sie beeinflussen die Lebensmittelqualität in unter-schiedlicher Weise. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der gesundheitlichen Unbedenklichkeit dieser Stoffe für Tier und Verbraucher.
Der amtlichen Futtermittelüberwachung kommt bei der Kontrolle in allen Unternehmen, die an der Herstellung von Einzel- und Mischfuttermitteln beteiligt sind, eine besondere Bedeutung zu. Sie erstreckt sich von der Erzeugung über die Verarbeitung, Lagerung, den Transport bis hin zum Inverkehrbringen und der Verwendung von Futtermitteln.
Das Jahr 2021 stellte sich für die Erfüllung der vorgegebenen Aufgaben schwierig dar. Das Coronageschehen einerseits sowie das Auftreten von Afrikanischer Schweinepest und Geflügelpest andererseits hatten starken Einfluss auf die Durchführung der Kontrollen und die Auswahl der zu kontrollierenden Betriebe. Trotz dieser Umstände konnten insgesamt 237 Kontrollen zur Einhaltung der rechtlichen Vorgaben durchgeführt werden. Diese finden in der Regel unangekündigt statt. Eine Übersicht ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt.
Von den 57 Beanstandungen bezog sich der überwiegende Teil auf den Bereich der Futtermittelhygiene, hier vor allem auf die Sauberkeit bei der Lagerung von Futtermitteln sowie auf Mängel der Qualitätssicherungssysteme. In den beanstandeten Unternehmen waren keine Systeme vorgehalten bzw. nicht auf dem aktuellen Stand. Hier müssen die Risiken, die das Futtermittel betreffen können, ermittelt, bewertet und Maßnahmen festgelegt wurden, so dass sie beherrschbar sind.
Ein weiterer Anteil der Beanstandungen betraf die formalen Kennzeichnungsangaben der Futtermittel. Diese ist bei loser Ware auf einem Begleitschein (Lieferschein) anzugeben, bei verpackten Futtermitteln (z. B. Säcke, Big Bags, Tüten, Dosen) auf der Verpackung anzubringen. Die Kennzeichnung von Futtermitteln enthält sowohl bestimmte Pflichtangaben als auch freiwillige Angaben. Zu den Pflichtangaben gehört u. a. die Angabe der Futtermittelart (bspw. Einzelfuttermittel, Alleinfuttermittel oder Ergänzungsfuttermittel), die oft nicht auf dem Lieferschein von loser Ware angegeben wurde. Darüber hinaus sind bei Einzelfuttermitteln wie Weizen, Mais oder Sojaprodukten fehlende eindeutige Angaben der Partie-, Chargen- oder Losnummer beanstandet worden, die die Rückverfolgbarkeit der gelieferten Partie gewährleisten sollen.
2021 wurden durch die Mitarbeitenden 32 Cross Compliance-Kontrollen in landwirtschaftlichen Unternehmen durchgeführt. Hierbei ist ein Verstoß im Bereich der Lagerung von Abfällen/gefährlichen Stoffen festgestellt worden, der über das sogenannte Frühwarnsystem geahndet wurde, da er sofort beseitigt werden konnte und keine direkte Gefahr für Futtermittel bestand.
Während der Betriebskontrollen entnahmen die KontrolleurInnen des LALLF insgesamt 293 Futtermittelproben bei Herstellern, Händlern und Landwirtschaftsbetrieben. Nach Auswertung der Analysen waren 38 Proben mit den in der Tabelle benannten Parametern zu beanstanden. Hierbei handelte es sich vorrangig um Abweichungen zwischen deklarierten und analysierten Gehalten im Bereich der analytischen Bestandteile (Rohprotein, -faser, -fett, -asche), der Spurenelement- (Kupfer, Zink, Mangan) und Vitamingehalte (Vitamin A und D3).
Bei der Analyse hinsichtlich des Gehaltes an nicht zugelassenen oder nicht gekennzeichneten, gentechnisch veränderten Organismen wurden in 23 Proben keine Abweichungen festgestellt.Weiterhin war bei der Analyse auf unerwünschte Stoffe, z. B.
- Schwermetalle,
- Dioxine und Furane,
- Aflatoxin B1 und
- Verschleppungen von Kokzidiostatika sowie
- Rückstände von Pestiziden
alles in Ordnung.
Die Beanstandungen (Abweichungen zwischen deklarierten und analysierten Gehalten) konnten durch Hinweise an die Futtermittelunternehmen schnell behoben werden.
Ein weiterer Schwerpunkt der Futtermittelüberwachung 2021 bestand in der Bearbeitung von betrieblichen Meldungen über positive Salmonellenbefunde vor allem in Rapsextraktionsschrot und –expeller. In den Ölmühlen in MV konnte in der Vergangenheit durchgesetzt werden, dass Rapsextraktionsschrot und –expeller vor dem Inverkehrbringen auf das Vorhandensein von Salmonellen untersucht werden und eine Freigabe für das Inverkehrbringen erst nach Vorlage eines negativen Ergebnisses erfolgt. So wird ein wichtiger Beitrag für die Gewährleistung der Futtermittelsicherheit durch die Futtermittelunternehmen geleistet.
Lebensmittel, Bedarfsgegenstände, Kosmetische Mittel - Allgemeine Untersuchungsergebnisse 2021
Auch im Jahr 2021 war die Überwachung noch maßgeblich durch die Corona-Pandemie bestimmt. Die Abstimmung zur Probenplanung zwischen den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörden sowie dem LALLF war daher sehr wichtig, um den Kontrolltätigkeiten der Vor-Behörden gerecht zu werden, aber auch die europäischen, nationalen und landeseigenen Untersuchungsprogramme zu erfüllen.
Insgesamt wurden 6.794 Proben Lebensmittel und weinrechtliche Erzeugnisse sowie 446 Proben Bedarfsgegenstände, kosmetische Mittel und Tabak zur Überprüfung eingesandt. Den überwiegenden Anteil bildeten die risikoorientiert geplanten Proben. Darüber hinaus wurden anlassbezogen Verdachts-, Verfolgs- und Beschwerdeproben aufgrund besonderer Feststellungen durch Behörden, aber auch Verbraucher zur Untersuchung übergeben.
Die Verteilung der Proben entsprechend der Entnahmegründe ist in der nachfolgenden Grafik dargestellt. Von den insgesamt 7.240 untersuchten Proben wiesen 12 % Mängel in Bezug auf die rechtlich vorgeschriebenen Anforderungen auf und waren zu beanstanden. Diese Beanstandungsquote entspricht denen der Vorjahre und ist nahezu unverändert. Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht der untersuchten Probenarten und der Beanstandungsquote im Vergleich zum Vorjahr 2020. Die Art der Abweichungen von den lebensmittelrechtlichen Vorschriften zeigt nachfolgendes Diagramm.
Bei den festgestellten Beanstandungen der Proben betrafen:
- 65,9 % Mängel bei der Kennzeichnung und Aufmachung aufgrund von irreführenden Bezeichnungen, abweichenden Angaben bei Inhaltsstoffen und Nährstoffen sowie fehlenden oder nicht vorschriftsgemäßen Angaben zu Allergenen und Zusatzstoffen,
- 24,1 % Abweichungen bei der mikrobiologischen Beschaffenheit aufgrund von Nachweisen von pathogenen Keimen, z.B. Salmonellen, Listeria monocytogenes, Verotoxin bildende Escherichia coli, Campylobacter sowie erhöhten Gehalten an hygienerelevanten Bakterien,
- 4,6 % Abweichungen bei der Zusammensetzung von Erzeugnissen aufgrund von nicht korrekten Angaben bei Inhalts- und Zusatzstoffen bzw. eine unzulässige Verwendung von Zusatzstoffen, wie z. B. fehlende Angaben zu Allergenen, Überschreitungen von Höchstmengen an Süßungsmitteln, Konservierungsmitteln, Glutaminsäure,
- 5,4 % andere Abweichungen, resultierend aus Nachweisen von erhöhten Gehalten an Pflanzenschutzmittelrückständen und Kontaminanten, Feststellungen von Fremdkörpern und Verunreinigungen sowie Abweichungen von speziellen Anforderungen nationaler und europäischer Verordnungen.
Eine Übersicht der Beanstandungen der einzelnen Warengruppen zeigt die nachfolgende Abbildung.
Gefahr für die Gesundheit
In der europäischen Basis-Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind die Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit geregelt. Artikel 14 der Verordnung führt aus, dass Lebensmittel, die nicht sicher sind, nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen. Als nicht sicher gelten Lebensmittel, die
a) gesundheitsschädlich und
b) für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind.
Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel gesundheitsschädlich ist, sind u. a. die sofortigen und/oder kurzfristigen und/oder langfristigen Auswirkungen des Lebensmittels nicht nur auf die Gesundheit des Verbrauchers, sondern auch auf nachfolgende Generationen, die wahrscheinlichen kumulativen toxischen Auswirkungen sowie die besondere gesundheitliche Empfindlichkeit einer bestimmten Verbrauchergruppe, falls das Lebensmittel für diese Gruppe von Verbrauchern bestimmt ist, zu berücksichtigen.
Daher werden Proben insbesondere auf Parameter, die eine Gesundheitsgefährdung der Verbraucher verursachen können, geprüft, darunter krankmachende mikrobiologische Erreger, Pflanzenschutzmittel oder Mykotoxine.
Im Jahr 2021 waren elf Proben als gesundheitsschädlich zu beurteilen. Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht zu den Proben mit Hinweis auf die Ursache für diese Beurteilung.
Benzol in Getränken
Benzol ist als Bestandteil von Benzin bekannt, entsteht aber auch bei Verbrennungsprozessen, was zu einer ubiquitären Verteilung in der Umwelt führt. Daher wird Benzol als Umweltkontaminante vorwiegend über die Atemluft aufgenommen, kann aber auch als Kontaminante in Trinkwasser und Lebensmitteln vorkommen. Benzol gilt als krebserzeugend (karzinogen) und erbgutschädigend (genotoxisch), so dass keine Aufnahmemenge, die als unbedenklich anzusehen wäre, angegeben werden kann [1]. Bis dato wurde auch noch kein Höchstgehalt für Benzol in Lebensmitteln festgelegt. Lediglich für Trinkwasser existiert in Anlage 2 Teil 1 der Trinkwasserverordnung ein Benzol-Grenzwert von 1 μg/l. Die Benzol-Konzentration in Lebensmitteln muss folglich durch geeignete Maßnahmen so niedrig wie möglich gehalten werden.
Es gilt das ALARA-Prinzip: „As Low As Reasonably Achievable“, d. h. so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar.
Bei bestimmten Herstellungsbedingungen kann Benzol in alkoholfreien Erfrischungsgetränken und in Karottensäften gebildet werden. In alkoholfreien Erfrischungsgetränken wird die Bildung von Benzol aus Benzoesäure begünstigt, wenn gleichzeitig Ascorbinsäure im Getränk enthalten ist. Bei Karottensaft gibt es Hinweise, dass Benzol bei der Herstellung aus Inhaltsstoffen der Karotte entsteht, wenn der Saft bei längerer Hitzebehandlung von mehr als 30 Minuten auf über 100 °C erhitzt wird, wie es bei der industriellen Herstellung von Karottensaft für Säuglinge und Kleinkinder aus Gründen der mikrobiologischen Sicherheit üblich ist. [1]
Der Internationale Getränkeverband ICBA (International Council of Beverages Associations) hat bereits 2006 Empfehlungen zur Vermeidung einer möglichen Benzolbildung in Erfrischungsgetränken veröffentlicht. [2]
Die schwerpunktmäßige Untersuchung von Erfrischungsgetränken, denen Benzoesäure und ggf. auch Ascorbinsäure (Vitamin C) zugesetzt wurde, und Karottensäften in den Jahren 2019 und 2021 sollte dazu dienen, einen Überblick über die Benzol-Gehalte zu bekommen und somit zu überprüfen, ob die gute Herstellungspraxis zur Vermeidung/Minimierung von Benzol umgesetzt bzw. eingehalten wurde.
Im Jahr 2019 wurden acht Erfrischungsgetränke und sechs Karottensäfte und im Jahr 2021 drei Erfrischungsgetränke und neun Karottensäfte auf Benzol mittels Gaschromatographie mit massenselektiver Detektion untersucht. Die Ergebnisse sind in der Tabelle zusammengefasst.
Die Benzol-Gehalte bei den Karottensäften lagen alle unter 1 μg/l. Bei den Erfrischungsgetränken überschritt eine Probe „Eistee mit Pfirsichgeschmack“ die Grenze von 1 μg/l, die jedoch nur als Höchstmenge für Trinkwasser gilt. Erfreulicherweise liegen die Benzolgehalte in den Erfrischungsgetränken statistisch (Mittelwert, 90. Perzentil) unter denen im Bericht zum Bundesweiten Überwachungsplan 2018 veröffentlichten Benzolgehalten. [3] Das zeigt, dass die Hersteller von Erfrischungsgetränken die Minimierungsmaßnahmen entsprechend der Empfehlung der ICBA umgesetzt haben.
(Quellenangaben im Originaltext der Broschüre)
Food Fraud - Lebensmittelbetrug
Was ist eigentlich Lebensmittelbetrug?
Der Begriff „Lebensmittelbetrug“ hat sich in der Überwachung in den letzten Jahren etabliert und ist vielen Ver-brauchern im Zusammenhang mit dem Pferdefleischskandal im Jahr 2013 bekannt. Mit Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2017/625 über die Durchführung amtlicher Kontrollen und anderer amtlicher Tätigkeiten sind auch Kontrollen auf mögliche betrügerische Praktiken in den Fokus gerückt.
Eine rechtliche Definition des Begriffs gibt es derzeit nicht. Aus behördlicher Sicht ist unter Lebensmittelbetrug das vorsätzliche Inverkehrbringen von Lebensmitteln zu verstehen, deren tatsächliche Beschaffenheit nicht mit ihrer Auslobung übereinstimmt und der Lebensmittelunternehmer durch diese Täuschung einen finanziellen oder wirtschaftlichen Vorteil erlangt.
Das Europäische Netzwerk zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug der EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission (EU Food Fraud Network) benennt vier Kriterien, die erfüllt sein müssen, um von „Lebensmittelbetrug“ auszugehen:
- Vorsatz
- Verstoß gegen das EU-Lebensmittelrecht
- Gewinnerzielung
- Täuschung des Verbrauchers
Lebensmittelbetrug kann, muss jedoch nicht zwingend mit einem Gesundheitsrisiko für Verbraucher einhergehen [1].
Damit ist ersichtlich, dass unter „Lebensmittelbetrug“ eine große Variation an Möglichkeiten erfasst wird. Die EU führt dazu folgende Fälle auf [2]:
- Verdünnung - Mischen einer flüssigen Zutat von hohem Wert mit einer Flüssigkeit von geringerem Wert
- Substitution – Ersetzen einer Zutat oder eines Teils des Produkts mit hohem Wert durch eine andere Zutat oder einen Teil des Produkts mit geringerem Wert
- Verschleierung – Verschleierung einer geringen Qualität von Lebensmittelzutaten oder Produkten
- falsche Etikettierung – falsche Behauptung auf der Verpackung zum wirtschaftlichen Vorteil
- unlautere Verbesserung – Hinzufügen unbekannter und nicht deklarierter Materialien zu Lebensmitteln, um deren Qualitätsattribute zu verbessern
- Fälschung – Kopieren des Markennamens, des Verpackungskonzepts, der Rezeptur, der Verarbeitungsmethode usw. von Lebensmitteln zum wirtschaftlichen Vorteil
- Graumarktproduktion/Diebstahl/Umleitung – Verkauf von überschüssigem, nicht gemeldetem Produkt
Olivenöl, Milch, Honig, Gewürze, Obstsäfte, Wein, Vanilleextrakt und Fisch sowie Bio-Lebensmittel sind gemäß dem EU Food Fraud Network zufolge am häufigsten von Lebensmittelbetrug betroffen.
Analytische Möglichkeiten
Die amtliche Lebensmittelüberwachung hat auch das Erkennen von Lebensmittelbetrug als Aufgabe, kann jedoch nicht allein derartige Praktiken aufdecken. Zum einen wird bei den Untersuchungen erst einmal nur objektiv ein Hinweis auf eine ggf. vorhandene Abweichung anhand einer Stichprobe festgestellt. Zum anderen geben die Untersuchungsergebnisse in der Regel keinen Hinweis auf die Intention des Lebensmittelunternehmers, z. B. ob ein Vorsatz vorliegt, so dass zunächst weitere Ermittlungen und eventuell weitere Untersuchungen notwendig sind, die eine Zusammenarbeit verschiedener Behörden der Lebensmitteluntersuchung und -überwachung, der Polizei und/oder der Zollbehörden erfordert, um schlussendlich tatsächlich einen Lebensmittelbetrug festzustellen.
Generell kann der Nachweis von Verfälschungen im Labor über zwei unterschiedliche Ansätze erfolgen:
A) Erstens über gerichtete Analysen-Methoden („targeted analyses“), bei denen in der Regel auf bekannte Ver-fälschungen, also solche, die bereits in der Vergangenheit aufgetreten sind, geprüft wird. Diesem Ansatz liegt eine konkrete Frage nach einer für die Lebensmittelkategorie vermuteten/möglichen Verfälschung zu Grunde. Zum Beispiel: Ist einem Olivenöl anderes Öl zugesetzt? Ist ein Fischfilet ohne Kenntlichmachung mit Wasser gestreckt? Enthält ein als Arabica-Kaffee deklarierter Kaffee auch erhöhte Anteile an Robusta-Kaffee?
B) Der zweite Ansatz sind ungerichtete Methoden („non-targeted analyses“), bei denen eine Suche nach Abweichungen zu einem „„authentischen“ Produkt erfolgt, ohne die konkrete Abweichung zu kennen. Dazu werden zuvor „authentische“ Produkte umfassend untersucht und charakterisiert, die dann als Referenz dienen. Dabei spricht man häufig vom sogenannten „fingerprinting“. Die Ergebnisse einer unbekannten oder fraglichen Probe kann mit dem „Fingerabdruck“ der Referenzproben auf charakteristische Übereinstimmungen oder auf deutliche Abweichungen verglichen werden. [3]. Dieser Ansatz gewinnt immer mehr an Bedeutung, ist aber mit einem hohem Anfangsaufwand in Bezug auf die Verfügbarkeit und Untersuchung von authentischem Material sowie dem Aufbau von Datenbanken verbunden.
Ergebnisse zu besonderen Untersuchungsprogrammen
Olivenöl
Nativ extra Olivenöle sind Öle der ersten Güteklasse. Sie unterliegen strengen Qualitätskriterien und sind in der Herstellung kostenintensiv. Das Potential für Verfälschungen ist deshalb als sehr hoch einzuschätzen. Im Jahr 2019 wurden im Rahmen eines Landesüberwachungsprogrammes zehn Olivenöle nativ extra und ein Gemisch aus raffiniertem und nativem Olivenöl aus gastronomischen Einrichtungen und vereinzelt auch aus Supermärkten auf Qualität und Reinheit nach den vorgegebenen gesetzlichen Bestimmungen untersucht. Dabei spielt auch die sensorische Untersuchung eine wesentliche Rolle, welche von einem in der EU zugelassenen Olivenöl-Panel durchgeführt wird. Die zwei Öle aus den Supermärkten erbrachten gesetzeskonforme Ergebnisse. Bei der Untersuchung der Olivenöle aus den gastronomischen Einrichtungen mussten zwei Proben aufgrund von Abweichungen in der Qualität und Reinheit herabgestuft werden. Die auf dem Etikett angegebene Kategorie „nativ extra“ war nicht zutreffend und wurde als irreführend beurteilt.
Tierarten-Differenzierung mittels PCR
Im Ganzen (makroskopisch) ist es relativ einfach, die Tierart zu unterscheiden. Aber bei naher Verwandtschaft ist dies, speziell bei einigen Fischarten, schon komplizierter. Bei Teilstücken oder verarbeiteten Erzeugnissen kann es unmöglich werden, die korrekte Tierart augenscheinlich zu erkennen. Hier hilft eine molekularbiologische Untersuchung mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR), bei der charakteristische Erbinformationen (DNA-Strukturen) untersucht werden.
2019 bis 2021 wurden 180 Proben auf die deklarierten Tierarten überprüft, wobei 37 Proben Auffälligkeiten zeigten. Davon wurden 13 Proben aufgrund der Tierartenauslobung als „zur Irreführung geeignet“ eingestuft. Dies betraf:
- neun Proben Fische, die unter falschen Handelsbezeichnungen vermarktet wurden,
- zwei Proben Schafskäse, die tatsächlich aus Kuhmilch hergestellt wurden,
- zwei Proben, die als Kochschinken/Schinken ausgelobt wurden, so dass ohne einen gesonderten Hinweis auf eine andere Tierart, davon auszugehen war, dass es sich um Teile von Schweinen handelt. Tatsächlich bestand der Schinken aus Putenfleisch.
Untersuchung von Verfälschung von Marzipan
Bei der Herstellung von Marzipanrohmassen werden hauptsächlich süße Mandeln verwendet - geringe Mengen Bittermandeln werden für die Geschmacksgebung eingesetzt. Bei der Persipanrohmassenherstellung können neben entbitterten Aprikosen- und Pfirsichkernen auch entbitterte bittere Mandeln eingesetzt werden. Die bewusste Verwendung von anderen pflanzlichen Produkten ist nicht zulässig. Ein Nachweis zur Unterscheidung von Mandeln und Aprikosen kann molekularbiologisch über PCR oder aber auch über die Bestimmung des Tocopherolmusters erfolgen. In den Jahren 2019 bis 2021 wurden insgesamt 23 Proben Marzipan auf Verfälschungen untersucht, wobei keine Probe auffällige Ergebnisse zeigte.
Infobox
Tocopherole ist ein Oberbegriff für Vitamin E-Varianten (alpha-, beta-, gamma-, delta-Tocopherol). Toco-pherole werden in vielen Pflanzen gebildet, besonders reichlich in Pflanzenölen. Mandelkernöl enthält fast ausschließlich alpha-Tocopherol, während die zur Herstellung von Persipan eingesetzte Aprikosenkerne in ihrem Öl überwiegend gamma-Tocopherol enthalten.
Kaffee -Arabica oder Robusta
Die wichtigsten Kaffee-Arten im Welthandel sind Coffea arabica (Arabica) und Coffea canephora (Robusta), wobei Arabica beim Verbraucher eine höhere Wertschätzung genießt. Arabica- und Robusta-Kaffeebohnen sehen in Form und Größe unterschiedlich aus, so dass sie in dieser Form visuell unterschieden werden können. Bei gemahlenem Kaffee ist diese visuelle Unterscheidung jedoch nicht mehr möglich. Über eine Markersubstanz, dem 16-O-Methylcafestol, die nur in Robusta-Kaffee und nicht in Arabica-Kaffee vorkommt, kann analytisch eine Vermengung mit Robusta-Kaffee nachgewiesen werden. 2019 und 2021 wurden insgesamt 35 Proben, die als 100 % Arabica ausgelobt waren, untersucht. Dabei war keine Probe auffällig.
Mikroskopie – Gewürze (Identität/Fremdbesatz) und Honig (Tracht/Herkunft)
Die mikroskopische Untersuchung von Gewürzen/Gewürzmischungen bietet aufgrund charakteristischer Strukturen von pflanzlichen Geweben die Möglichkeit, auch in stark zerkleinerten Produkten die Identität und Reinheit zu überprüfen. Dazu waren in den letzten Jahren im Administrative Assistance and Cooperation System, einem elektronischem Meldesystem für Amtshilfe und Zusammenarbeit der EU, vermehrt Meldungen zu Verfälschungen von getrocknetem Oregano mit getrockneten Olivenblättern aufgetreten. 2021 wurden im LALLF 18 Gewürz-Proben, darunter Oregano, Kurkuma und Muskat, auf Verfälschungen durch den Nachweis von Fremdbestandteilen und Stärke mittels Lichtmikroskopie untersucht. Alle Proben waren unauffällig.
Auch beim Honig kann die mikroskopische Untersuchung u. a. bei der Überprüfung von Sortenhonigen, z. B. Rapshonig, dienlich sein. Sortenhonige sind Honige, deren Ausgangsstoffe überwiegend von derselben Trachtpflanze stammen. Diese Trachtpflanze bzw. deren Pollen prägt üblicherweise auch das mikroskopische Bild. Im Waldhonig lassen sich neben Pollen auch andere Partikel wie Sporen von Pilzen, Algen und Hefen finden. Sie gelangen hauptsächlich über den Honigtau in den Honig.
In den letzten Jahren von 2019 bis 2021 wurden 116 Honigproben mikroskopisch untersucht, wobei 12 Honige aufgrund der Trachtangabe auffällig waren. Sieben dieser Honige wurden deshalb bezüglich der Bezeichnung/Trachtangabe als „irreführend“ bemängelt.
Fazit
Die Überprüfung von Lebensmitteln im Hinblick auf ihre Zusammensetzung und Beschaffenheit im Zusammenhang mit den deklarierten Angaben wird weiterhin einen bedeutenden Schwerpunkt der Untersuchungen in der amtlichen Lebensmittelüberwachung bilden. Unkorrekte und irreführende Angaben sind insbesondere bei Tierarten festzustellen, wenn Erzeugnisse lose an Verbraucher abgegeben werden. Hier wird häufig die Originalkennzeichnung des Herstellers nicht korrekt auf Verkaufstafeln oder Speisekarten übernommen. Beim Honig liegt nach hiesiger Einschätzung in der Regel kein Vorsatz bei den Imkern vor. Hier ist aber durch den Imker eine sorgfältige Prüfung der Trachtangaben vorzunehmen, insbesondere dann, wenn sortenreine Honige in den Verkehr gebracht werden.
(Quellenangaben im Originaltext der Broschüre)
Digitale PCR - Ein neues Werkzeug zur Aufdeckung von Lebensmittelbetrug
Kaufen VerbraucherInnen im Supermarkt gemischtes Hackfleisch, erwarten sie in der Regel ein bestimmtes Mischungsverhältnis von Rindfleisch zu Schweinefleisch. Dabei beträgt der Anteil beider Fleischarten entsprechend der in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs beschriebenen Verkehrsauffassung zwischen 45 und 55 %. Bei abweichender Zusammensetzung ist eine Kenntlichmachung der Abweichung von dieser Verkehrsauffassung in Verbindung mit der Bezeichnung des Lebensmittels z. B. durch Angabe des rezepturmäßigen Mischungsverhältnisses zu fordern [1].
Bisher war es sehr aufwendig, die Zusammensetzung bezüglich der Tierart quantitativ zu analysieren. In den letzten Jahren wurden jedoch neue molekularbiologische Verfahren entwickelt und in der Routineanalytik eingeführt. Eines davon ist die digitale Polymerase Kettenreaktion (dPCR). Dieses Verfahren ermöglicht die einfache Bestimmung der Anteile von Rind- und Schweinefleisch in gemischtem Hackfleisch mit der Proben-DNA als Analyt. Das LALLF hat die droplet digital PCR (ddPCR) etabliert und setzt diese seit dem Jahr 2021 in der Routineanalytik ein.
Im Jahr 2021 wurden im LALLF in 17 Hackfleischproben die Anteile von Rind- und Schweinefleisch überprüft. Die Analyseergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Erste Ergebnisse
Als Ergebnis der Untersuchungen der Hackfleischproben ist festzustellen, dass die gemessenen Anteile von Rind-und Schweinefleisch teilweise erheblich von den deklarierten Anteilen abweichen. Eine gewisse Abweichung ergibt sich durch den Herstellungsprozess und wird daher toleriert. Ein Toleranzbereich wurde bisher von Gremien nicht festgelegt, daher ist das LALLF bei der Bewertung vorerst von einer großzügigen Produktionstoleranz von +/- 15 % inklusive der Messunsicherheit ausgegangen.
Eine Probe lag über dieser Toleranzschwelle, so dass die Angabe des Herstellers zu den Fleischanteilen im Produkt als zur Irreführung geeignet eingestuft wurde.
Auffällig ist, dass die Abweichung überwiegend zu Gunsten des Schweinefleischanteils verschoben ist. Bei Abweichungen aufgrund des Produktionsprozesses sollten aber auch Verschiebungen zugunsten des Rindfleischanteils auftreten. Durch Überprüfung einer höheren Probenzahl soll dies zukünftig genauer untersucht werden.
[1] ALTS Beschluss 2016/77/16: „Gemischtes Hackfleisch“, „Hackfleisch halb und halb“ und „Hackfleisch aus Schwein und Rind“, J. Verbr. Lebensm. 11 (2016):
359–367
Zwiebelmettwurst & Co - Nichts für YOPIs!
Kurzgereifte Rohwürste häufig mit Listeria monocytogenes kontaminiert
Bei einem Schwerpunktprogramm im Jahr 2019 wurden kurzgereifte, streichfähige Rohwürste, wie z. B. Tee- und Zwiebelmettwurst, aus handwerklicher Produktion untersucht. Hierbei wurde bei 43 % der Proben der Krankheitserreger Listeria monocytogenes isoliert. Diese Nachweise waren zwar nicht mit einer gesundheitsgefährdenden Konzentration des pathogenen Keimes verbunden, zeigten aber die hohe Relevanz dieser Erzeugnisse, besonders für empfindliche Personengruppen, die durch das Kürzel YOPI zusammenfasst werden. Auf Grund dessen wurde im Jahr 2021 erneut dieses Schwerpunktprogramm durchgeführt.
Insgesamt wurden im letzten Jahr 30 kurzgereifte Wurstwaren aus handwerklicher Produktion mikrobiologisch untersucht. Aus 15 Proben wurde der Krankheitserreger Listeria monocytogenes isoliert. Dies entspricht 50 % der Proben. In einem dieser Fälle wurde dabei der für YOPIs „gesundheitskritische Grenzwert“ von 100 Keimen/g überschritten. Weitere Krankheitserreger, wie z. B. Salmonellen, waren nicht nachweisbar. Eine Probe musste wegen hoher Gehalte an Hygieneindikatorkeimen beanstandet werden.
Das häufige Vorkommen von Listeria monocytogenes in Rohwürsten, insbesondere in kurzgereiften, streichfähigen Rohwürsten, liegt in der Art der Herstellung begründet.
Rohwürste werden, wie auch ihr Name schon verrät, ohne einen Erhitzungsprozess hergestellt. Ihren Charakter erhalten sie vor allem durch mikrobielle Reifung, die mit einer Säuerung des Fleisches einhergeht. Ausreichende Hürden, die krankmachende Bakterien in ihrer Vermehrung hindern oder sogar abtöten, liegen im frühen Reifestadium in der Regel nicht vor. Somit sind diese Wurstwaren hinsichtlich der mikrobiologischen Stabilität als sensible Erzeugnisse einzustufen. Die Kontamination des Ausgangsfleisches mit dem pathogenen Erreger Listeria monocytogenes ist auf Grund seiner weiten Verbreitung in der Umwelt allerdings nicht immer zu verhindern. Zudem ist der Herstellungsprozess der Kurzreifung bei kleinen handwerklichen Betrieben häufig nicht so optimiert und kontinuierlich gesteuert, wie bei der industriellen Herstellung.
Die Hersteller und Inverkehrbringer können das Risiko durch gezielte Umgebungsuntersuchungen und Ausschaltung von Kontaminationsquellen, betriebliche Reinigung und Desinfektion, geeignete Vorgaben für die Lagerung sowie durch eine entsprechend kurze Wahl der Haltbarkeitsfrist minimierend beeinflussen. Für den Endverbraucher gilt es, durch strikte Einhaltung der Kühlkette sowie durch alsbaldigen Verzehr eine weitere Vermehrung von eventuell vorhandenen Krankheitserregern zu verhindern. YOPIs sollten die besagten Risikolebensmittel meiden.
Für Hersteller sowie Überwachung besteht hier ein besonderer Schwerpunkt zur Gewährleistung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes.
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YOPI ist eine englische Abkürzung für young (jung), old (alt), pregnant (schwanger), immunosuppressed (immunsupprimiert). Sie steht für besonders empfindliche Personengruppen, die leicht eine lebensmittelbedingte Infektion bekommen, weil ihr Immunsystem beeinträchtigt oder noch nicht vollständig ausgebildet ist. Dazu gehören kleine Kinder bis fünf Jahre, Senioren, Schwangere und Menschen, deren Abwehrkräfte durch Vorerkrankung oder Medikamenteneinnahme geschwächt sind.
Von besonderer Bedeutung ist für diese Personengruppe u. a. das Bakterium Listeria monocytogenes. Hier kann schon eine geringe Infektionsdosis zur Erkrankung, der Listeriose, führen. Mit einigen hundert Erkrankten pro Jahr gehört die Listeriose zu den selteneren Lebensmittelinfektionen des Menschen. Sie kann aber für die Betroffenen mit einem vergleichsweise schweren gesundheitlichen Schaden und einer Sterblichkeitsrate von durchschnittlich 7 % verbunden sein. Die erheblich variierenden Symptome reichen von leichten, grippeähnlichen Erkrankungen bei gesunden Erwachsenen über systemische Infektionen bis hin zu Entzündungen des Zentralnervensystems mit einem hohen Anteil an tödlichen Verläufen bei Menschen mit geschwächter Immunabwehr. Infektionen bei Schwangeren können Fehl- oder Frühgeburten zur Folge haben.
Räucherfisch von der Ladentheke: Genuss mit Risiko?
Heißgeräucherte Fischwaren sind begehrte Nahrungsmittel. Besonders während der Urlaubsmonate haben im Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern kleinere Fischräuchereien mit überwiegend mobilen Verkaufsständen Hochkonjunktur. Aufgrund des leicht verderblichen Produktcharakters, mitunter nicht standardisierter und lückenlos überwachter Herstellungsprozesse, phasenweise warmer Witterung sowie nicht immer optimaler Vertriebsbedingungen ist mit lebensmittelhygienischen Problemen zu rechnen, die vom Verbraucher nicht erwartet werden.
In den vergangenen Jahren fielen Heißräucherfische in der amtlichen Probenuntersuchung im LALLF immer wieder durch hohe Keimgehalte, oft in Verbindung mit sensorischen Abweichungen sowie durch Kontamination mit dem Krankheitserreger Listeria monocytogenes auf.
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Heißgeräucherter Fisch wird nach deutscher Verkehrsauffassung mit frisch entwickeltem Rauch und einer Wärmeeinwirkung von deutlich über 60°C im Kern hergestellt, so dass bei ordnungsgemäßer Durchführung die originäre Verderbflora weitgehend abgetötet wird. Gesamtbakteriengehalte von mehr als 100.000/g Fisch sind prozessuntypisch und werden als beginnend abweichend eingestuft.
Ziel eines Schwerpunktes war 2021, eine Statuserhebung zur mikrobiologischen Beschaffenheit von verschiedenen, nicht industriell hergestellten Heißräucherfischwaren hinsichtlich Kontamination mit Krankheitserregern, Hygieneindikatorkeimen und Verderberregern vorzunehmen. Dazu wurden 23 Proben verschiedener Fischarten einer sensorischen und mikrobiologischen Prüfung unterzogen.
Der mikrobielle Status der Räucherfische war sehr heterogen beschaffen. Etwa drei Viertel der Proben waren von erzeugnistypischer Qualität. Bakteriengehalte lagen hier in der Regel unter den methodischen Nachweisgrenzen. Gut 17 % der Proben aber wiesen hohe Konzentrationen an Verderberregern auf. Korrelationen zwischen mikrobiologischer und sensorischer Beschaffenheit ließen sich durch die dominierende Rauchnote nur bedingt nachweisen. Bei Einzelbetrachtung der Erzeugnisse war eine Häufung auffälliger Untersuchungsergebnisse beim Schwarzen Heilbutt von ca. 30 % feststellbar, was die Erfahrungen der vergangenen Jahre widerspiegelte. Gründe dafür können der Wasserreichtum, die losere Textur, die spezielle Wasser-Eiweiß-Fett-Struktur und die Spießung der Stückware sein, aber auch die Verwendung großkalibriger Stücke bei Nichterreichung ausreichend hoher Kerntemperaturen.
Der Krankheitserreger Listeria monocytogenes wurde in 13 % der Proben nachgewiesen, aber (noch) nicht in gesundheitsgefährdender Konzentration. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass es sich bei heißgeräucherten Fischwaren in loser Angebotsform um keimbelastete und durch regelmäßiges Vorkommen von Listeria monocytogenes gesundheitlich risikobehaftete Erzeugnisse handeln kann. Kleinere Fischräuchereien sollten deshalb kontinuierlich im Fokus der amtlichen Lebensmittelüberwachung stehen. Ein Räucherprozess, der auch im Kern der Erzeugnisse mit entsprechend hohe und lang einwirkende Gartemperaturen zur Abtötung primärer Verderberreger sowie pathogener Bakterien garantiert, wird als ein entscheidender Faktor für die Stabilität und Sicherheit nichtindustriell hergestellter, heißgeräucherter Fischwaren angesehen.
Für den Verbraucher gilt: Kaufen beim Hersteller des Vertrauens, danach strikte Kühllagerung und zügiger Verbrauch. Unter der Voraussetzung der Verwendung qualitativ hochwertiger Rohware, einer ausreichenden Gartemperatur von mindestens 70°C im Kern, ordnungsgemäßer Vertriebshygiene und Kühllagerung unter 7°C kann eine orientierende Haltbarkeitsgrenze bei etwa 8 bis 12 Tagen angesehen werden.
Untersuchungen von Speiseölen - Schwerpunkt: Pflanzliche Öle
Speisefette und Speiseöle stellen einen wesentlichen Bestandteil der menschlichen Ernährung dar. „Die vorläufigen Zahlen zur Versorgung mit Nahrungsfetten zeigen, dass 2020 in Deutschland pro Kopf 17,5 Kilogramm Speiseöl, 2,47 Kilogramm Margarine, Margarinezubereitungen und Streichfette sowie 5,16 Kilogramm Butter, Milchfett- und Milchstreichfetterzeugnisse verbraucht wurden (Angaben in Reinfett) [1]. Die Vielfalt der angebotenen Produkte hängt dabei stark von den zur Herstellung verwendeten pflanzlichen und tierischen Ausgangsstoffen ab. So werden Speiseöle z. B. aus
- Leguminosen (z. B. Soja, Erdnuss),
- Nüssen (z. B. Mandel, Haselnuss, Walnuss, Macadamia, Arganmandel) und
- typischen Ölsaaten und Ölpflanzen (z. B. Raps, Oliven, Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Kürbiskern, Palmkerne) gewonnen.
Ausgangsstoffe für tierische Fette sind
- Fettgewebe von z. B. Schweinen (Schmalz),
- Rindern (Talg) und
- Gänsen (Gänseschmalz).
Darüber hinaus sind Milchfette (Butterreinfett, Butter) zu benennen.
Die Herstellung von Speiseölen ist in Abhängigkeit von den verwendeten Ausgangsstoffen und dem Herstellungsverfahren unterschiedlich kostenintensiv und bietet dadurch ein hohes Potential für Lebensmittelbetrug.
Neben den unter besonderer Aufsicht stehenden Olivenölen, die den gesetzlichen Vorgaben der VO (EWG) 2568/91 und den Vermarktungsvorschriften der VO (EU) Nr.29/2012 unterliegen, bietet der Markt die schon beschriebene Sortenvielfalt, die nach den Leitsätzen für Speisefette und Speiseöle beurteilt werden. Diese sind keine Rechtsnorm, werden aber zur Beurteilung hinzugezogen. Sie werden laufend auf den neuesten Stand gehalten und durch viele wichtige Gremien wie Wissenschaft, Untersuchungsämter und Hersteller aktualisiert.
Im Jahr 2021 wurden im Landesüberwachungsprogramm des LALLF 16 pflanzliche Spezialöle, im Bundesüberwachungsprogramm acht Spezialöle (Arganöl, Mandelöl) und im Rahmen eines Projekt-Monitoring des Bundes fünf Leinöle sensorisch, chemisch und auf gesetzeskonforme Kennzeichnung untersucht.
Ein Augenmerk sollte dabei auch auf im Internet vertriebene Produkte gelegt werden.
Die chemischen Untersuchungen umfassten die Prüfung von Fettkennzahlen wie die Peroxidzahl, Anisidinzahl, Säurezahl oder die berechnete Totoxzahl, die geeignet sind, einen auffälligen sensorischen Befund zu untermauern.
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Fettverderb entsteht überwiegend durch Oxidation mit Sauerstoff, aber auch durch hydrolytische Prozesse. Peroxide in Fetten und Ölen entstehen durch Oxidation von ungesättigten Fettsäuren und Sauerstoff. Mit der Peroxidzahl wird der gebundene Sauerstoff erfasst; die Anisidinzahl erfasst Folgeprodukte der Oxidation wie Aldehyde und Ketone. Diese beiden Kennzahlen werden in einer empirisch berechneten Totoxzahl als Maß für den oxidativen Verderb zusammengefasst. Hydrolytisch bedingte Fettverderbsprozesse führen zur Bildung von freien Fettsäuren. Diese werden titrimetrisch erfasst und als Säurezahl angegeben. Diese ermittelten Kennzahlen unterstützen den sensorischen Befund.
Weiterhin wurden
- die Tocopherolgehalte untersucht, die in der Neufassung der Leitsätze für Speisefette und Speiseöle 2020 erstmals aufgeführt sind,
- die Sterinzusammensetzung ermittelt,
- das Fettsäure- und Triglyceridmuster bestimmt und
- überprüft, ob die Gehalte der einzelnen Fettsäuren und Triglyceride typisch sind für das jeweilige Öl oder
- Verunreinigungen durch andere Öle vorlagen.
Darüber hinaus erfolgte eine Prüfung der Nährwertangaben im Hinblick auf die ermittelten Gehalte an gesättigten, einfach oder mehrfach ungesättigten sowie der Omega-3-Fettsäuren. Auch rückstandsanalytische Untersuchungen wurden durchgeführt. Zur Untersuchung lagen 12 verschiedene Sorten Pflanzenöle vor, zum Teil in Bioqualität, kaltgepresst oder raffiniert, die sich auch in ihren Eigenschaften durch ihre verschiedenen Herstellungspraktiken unterscheiden.
Im Ergebnis aller untersuchter Parameter hatte die überwiegende Mehrheit (82,7 %) der untersuchten pflanzlichen Öle, hier aus dem Einzelhandel, keine gravierenden Mängel. Die qualitativen Merkmale wie Haltbarkeit, Sortenreinheit und Einstufung der Öle nach ihren Herstellungsverfahren waren unauffällig. Eine Verdachtsprobe Bio-Schwarzkümmelöl wurde aufgrund einer Schnellwarnung mit Verdacht auf Pflanzenschutzmittelrückstände, speziell Haloxyfop, untersucht und der Verdacht bestätigt.
Neben den im Einzelhandel erhältlichen Speiseölen, lagen außerdem vier Proben vor, die vom Hersteller der Ware auch über das Internet vertrieben bzw. angeboten wurden.
Bei drei dieser eingesandten Proben war die gesetzeskonforme Nährwert-Kennzeichnung nicht oder nicht korrekt vorhanden. Bei der Bewerbung der angebotenen Produkte im Internet muss auch darauf geachtet werden, dass nur zu¬gelassene gesundheitsbezogene Angaben ausgelobt werden dürfen.
Um Verfälschungen, oxidative Verderbsprozesse oder auch mögliche Rückstände in Pflanzenölen nachzuweisen, ist ein umfangreiches Analysenspektrum notwendig. Stofflich konnten keine Hinweise auf Abweichungen von den Leitsatzkriterien und damit mögliche Verschnitte mit anderen preiswerteren Ölen festgestellt werden.
Zu beobachten ist, dass insbesondere kleinere regionale Hersteller hochwertige, oft kaltgepresste und qualitativ gute Produkte herstellen. Hier besteht jedoch noch ein großer Bedarf, eine korrekte rechtskonforme Kennzeichnung und Werbung für diese Erzeugnisse vorzunehmen. Und das auch besonders, weil der Vertrieb oft online erfolgt. Die Untersuchung solcher Öle aus kleineren Ölmühlen mit Online-Vertrieb sollte als Schwerpunktuntersuchung weitergeführt werden.
[1] www.ble.de/SharedDocs/Meldungen/DE/2021/210503_Versorgungsbilanz-Oele-Fette.html
Mikrobiologie von Backwaren
Der Blick in eine gut gekühlte Bäckereitheke lässt so manchen Diätplan schnell in Vergessenheit geraten. Buttercremetorte, Himbeerschnittchen, Frankfurter Kranz oder Eierlikör-Sahnetorte vereint nicht nur eine geschmackliche Sensation, sondern auch eine leichte Verderblichkeit der Produkte.
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Feine Backwaren mit nicht durchgebackener Füllung bieten aufgrund der verwendeten Zutaten insbesondere Bakterien und Hefen gute Vermehrungsbedingungen. Der verwendete Mürbe-, Hefe- oder Brandteig ist heiß gebacken und damit nahezu steril. Als Zutaten zum Füllen und Verzieren werden beispielsweise Schlagsahne, Kaltcremes, Pudding oder Buttercreme verwendet, die bei mangelnder Hygiene während der Herstellung unerwünschten Keimen Zutrittsmöglichkeiten schaffen. Je nach Aufbewahrungstemperatur der Produkte können sich die Keime rasch vermehren und zum Verderb der Tortenstücke beitragen.
Zur Beurteilung des hygienischen Status werden sowohl die Lebensmittelsicherheitskriterien der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 als auch die mikrobiologischen Richt- und Warnwerte der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie herangezogen.
In den letzten sechs Jahren untersuchte das Landesamt 718 Proben Patisseriewaren mit nicht durchgebackener Füllung, die vorrangig als lose Ware aus Konditoreien, Gaststätten und dem Einzelhandel entnommen worden sind. Mittels Anreicherungsverfahren wurde auf krankmachende Keime geprüft und über Keimzählverfahren
- die aerobe mesophile Gesamtkeimzahl (GKZ),
- der Gehalt an Enterobacteriaceae, Escherichia coli (E. coli), Pseudomonaden, Hefen, Schimmelpilzen, Bacillus cereus, Staphylococcus aureus und Listeria monocytogenes
bestimmt.
Bezogen auf die Gesamtzahl waren 6 % der Proben (43 Stück) aufgrund des mikrobiologischen Befundes zu beanstanden. Ein Eclair war als gesundheitsschädlich zu beurteilen, da Listeria monocytogenes oberhalb des gesetzlich geregelten Lebensmittelsicherheitskriteriums ermittelt wurde. Salmonellen waren in keiner der Proben nachweisbar. 41 weitere Kuchenproben mussten als „hygienisch nachteilig beeinflusst“ beurteilt werden, da die Warnwerte für eine oder mehrere Hygieneindikatoren, vorrangig Enterobakterien, überschritten wurden. Damit hatte ein mikrobiell bedingter Verderb eingesetzt. Eine Nuss-Sahnetorte fiel zudem wegen eines leicht säuerlichen Geschmacks auf und war daher als „nicht zum Verzehr geeignet“ zu beurteilen. Hier war die Creme sauer geworden, was durch den Nachweis einer sehr hohen Anzahl an Milchsäurebakterien untermauert werden konnte.
Das nachfolgende Diagramm stellt die Häufigkeit der Überschreitungen gültiger Richt- und Warnwerte, bezogen auf die einzeln untersuchten Parameter, dar.
Warnwertüberschreitungen sind deutliche Anzeichen von Hygienemängeln während der Herstellung, Behandlung und Lagerung der Backwaren und führen demnach zu einer Beanstandung. Bei der Verletzung eines Sicherheitskriteriums kann es beim Verzehr des Lebensmittels auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen.
Insgesamt wurden für 26 % der Proben Hinweise ausgesprochen. Hier waren Richtwertüberschreitungen aber noch keine sensorische Abweichungen festzustellen. Diese zeigen Schwachstellen im Herstellungsprozess an, was für den Lebensmittelunternehmer die Notwendigkeit der Verbesserung der Hygienebedingungen bedeutet.
Die Beurteilung der eingesandten Proben ist in der Tabelle dargestellt.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine regelmäßige amtliche Überwachung von feinen Backwaren mit cremehaltigen Füllungen weiterhin angezeigt ist und die Lebensmittelhersteller von der Einhaltung eines konsequenten Hygienemanagements zu überzeugen sind. Als Verbraucher sollte das gekaufte oder selbstgebackene Tortenstück im Kühlschrank maximal fünf Tage gelagert werden. Und wenn der Kuchen dann noch typisch aussieht und riecht, steht einem Genuss nichts entgegen.
Tattoofarben im Wandel der Zeit – ab jetzt nur noch schwarz/weiß?
Die Tendenz zur Tätowierung ist in den letzten 30 Jahren immer mehr zum Massenphänomen geworden. Nach einer Studie der Universität Leipzig ist bereits jeder fünfte Deutsche tätowiert.
Der Gesetzgeber versteht unter Tätowierungen bzw. Tattoos eine dauerhafte Beeinflussung des Aussehens durch Stoffe und Zubereitungen, die in oder unter die menschliche Haut gebracht werden. Hierzu zählen auch Permanent Make-ups (PMU), eine spezielle kosmetische Tätowierung im Gesicht überwiegend für künstliche Lidstriche oder Lippenkonturen.
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Tätowiermittel bestehen im Wesentlichen aus Farbmitteln (Pigmenten) und Suspensionsmitteln als Träger-flüssigkeit. Diese Trägerflüssigkeit kann Bindemittel, Konservierungsstoffe und verschiedene andere Stoffe enthalten. Farbgebend sind organische und anorganische Pigmente mit verschiedenen chemischen Grund-strukturen. Für Tätowierungen werden meist organische Pigmente verwendet, die eine hohe Farbbrillianz aufweisen. Mittlerweile gibt es auch Tattoofarben mit Spezialeffekten wie z. B. „Glow-in-the-dark“, deren In-haltsstoffe weitgehend unbekannt sind.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist vor allem diese Vielzahl der verwendeten Stoffe in Tätowiermitteln eine Herausforderung, denn alle diese Mittel können mit Elementen oder anderen Stoffen verunreinigt sein. Durch das Spritzen unter die menschliche Haut stellen Tattoofarben einen sensiblen Bereich im gesundheitlichen Verbraucherschutz dar. Tätowierungen können verschiedene unerwünschte gesundheitliche Folgen haben. Eine Vielzahl möglicher Risiken durch Tätowierungen ist in der Fachwelt seit Längerem bekannt: frisch tätowierte Haut infiziert sich gelegentlich durch mangelnde Hygiene oder verunreinigte Farben mit Bakterien, Viren oder Pilzen. Daneben können die Inhaltsstoffe der Tätowiermittel im Körper gesundheitlich unerwünschte Reaktionen auslösen, wie zum Beispiel Allergien. Darüber hinaus haben UV- oder Laserstrahlen Einfluss auf die Wirkung der Pigmente, so dass sowohl Sonnenbaden als auch die Tattoo-Entfernung mittels Lasertechnik für Tätowierte gesundheitlich riskant sein kann.
Daher stehen Tätowierfarben schon lange und zunehmend im Fokus des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und sind reguliert. Auf nationaler und europäischer Ebene wurde seit 2008 dieser Entwicklung zum Schutz des Verbrauchers Rechnung getragen u. a. durch stoffliche Regelungen.
Rechtliche Grundlagen bis Dezember 2020
Die nationalen Anforderungen an Tätowiermittel und Permanent-Make-Up basierten bis Dezember 2020, wie in anderen europäischen Ländern auch, auf der Europaratresolution 2008 (Resolution ResAP2008 [1]) und zusätzlich in Deutschland auf der Verordnung über Mittel zum Tätowieren einschließlich bestimmter vergleichbarer Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen (Tätowiermittel-Verordnung).
Die Tätowiermittelverordnung enthält eine Negativliste mit Stoffen, welche nicht verwendet werden dürfen, wie beispielsweise krebserzeugende primäre aromatische Amine aus Azofarbstoffen und gesundheitsschädliche Pigmente. Zusätzlich verbietet sie auf der Basis der europäischen Kosmetik-Verordnung (EG) 1223/2009 weitere Substanzen. Das Problem dabei: Nicht unbedingt alle gefährlichen Stoffe, die in Tattoofarben vorkommen können, sind dadurch reguliert.
In Deutschland unterliegen Tätowiermittel generell auch den Vorschriften des Lebens- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB). Danach gilt, dass die Produkte für Verbraucher sicher sein müssen und die menschliche Gesundheit nicht schädigen dürfen. Es erfolgt keine Zulassung von Tätowiermitteln. Der Hersteller ist für die Sicherheit der Mittel verantwortlich. Nach dem Kosmetikrecht müssen jedoch bestimmte Inhaltsstoffe in kosmetischen Mitteln wie z. B. Farb- und Konservierungsmittel zugelassen werden. Tätowiermittel sind aber nach der EU- Kosmetik-Verordnung keine Kosmetika, weil sie nicht auf, sondern unter die obersten Hautschichten appliziert werden. Deshalb sind die Hersteller von Tätowiermitteln auch nicht verpflichtet, für ihre Produkte toxikologische Sicherheitsberichte zu erstellen.
Neue rechtliche Grundlagen
Seit dem Dezember 2020 ist auf europäischer Ebene eine einheitliche Regelung für Tätowierfarben im Rahmen der Chemikaliengesetzgebung REACH [2] in Kraft. Mit der Verordnung (EU) 2020/2081 [3] wurde der Anhang XVII der REACH-Verordnung (EG) 1907/2006, betreffend Stoffe in Tätowierfarben oder Permanent-Make-up, geändert. Die Zusammensetzung der Tätowiermittel ist nun durch Anhang XVII Nr.75 und Anlage 13 der REACH- Verordnung genau geregelt. Diese Verordnung beschränkt die Verwendung von Stoffen mit bekannten und vermuteten gesund¬heitsschädlichen Wirkungen und legt Höchstkonzentrationen für diese Stoffe in Tätowiermitteln fest. Tätowiermittel, die den hier genannten Konzentrationsgrenzwerten nicht entsprechen, dürfen nicht in Verkehr gebracht und nach dem 04. Januar 2022 nicht mehr für Tätowierungszwecke verwendet werden.
Somit gelten mit Beginn des Jahres 2022 in der EU deutlich strengere Beschränkungen für Tattoofarben. Ab jetzt sind etwa 4.200 Substanzen reguliert wie z. B.
- aromatische Amine,
- polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK),
- Metalle,
- Methanol,
- bestimmte Azo-Farbstoffe
u. v. m. Eine Vielzahl dieser Stoffe, die nachweislich krebserzeugend, erbgutschädigend, entwicklungstoxisch, haut-sensibilisierend/-ätzend/-reizend und/oder augenschädigend/-ätzend wirken, sind nun verboten. Zahlreiche farbige Pigmente als Basis für bunte Tattoofarben fallen unter dieses Verbot, was die Farbpalette drastisch einschränkt. Von Januar 2023 an wird es noch schwieriger für Farbtätowierer: Dann werden die Pigmente „Blau 15:3“ und „Grün 7“ ebenfalls verboten. Vor allem ohne den Blauton werden bunte Tätowierungen mehr oder weniger unmöglich, wenn bis dahin kein gleichwertiger Ersatzstoff gefunden ist. Nur einige Farbtöne in schwarz, weiß und grau entsprechen diesen neuen rechtlichen Anforderungen und können noch sicher eingesetzt werden.
Die Einführung der neuen REACH-Regulierung in der EU hat auch Auswirkungen auf die Auswahl und Konzentration der Stoffe, welche in Zukunft zur Konservierung von Tattoofarben rechtskonform eingesetzt werden dürfen. So können Konservierungsstoffe, die aufgrund einer Einstufung z. B. als hautsensibilisierend gelten, nur noch in Konzentrationen unter 0,001 % (10 mg/kg) im Tätowiermittel eingesetzt werden. Eine konservierende Wirkung wird bei diesen geringen Mengen nicht mehr vorhanden sein.
Mit der Änderungsverordnung wurden jetzt auch die Kennzeichnungsangaben für Tätowiermittel innerhalb der EU harmonisiert, was innerhalb von Deutschland die Regelungen der deutschen Tätowiermittelverordnung ersetzt oder ergänzt. So ersetzt z. B. die Angabe ‚Gemisch zur Verwendung in Tätowierungen oder Permanent-Make-up‘ nun die bisher nach deutscher Tätowiermittelverordnung geforderte Angabe „Mittel zum Tätowieren”, „Tätowierfarbe” oder „Tattoo colour“.
Bisher nicht geregelt wurde in dieser Änderungsverordnung die Angabe des Herstellers bzw. des Importeurs in die EU, sowie die Angaben des Mindesthaltbarkeitsdatums und der Verwendungsdauer nach dem Öffnen in der Kennzeichnung. Diese müssen nach Sachverständigenauffassung der Kooperation der amtlichen Kosmetiküberwachungslaboratorien in Deutschland nach wie vor im Sinne der deutschen Tätowiermittelverordnung gefordert werden.
Zukünftige Regelungen durch die erforderliche Neufassung der Tätowiermittelverordnung sowie Regelungen durch die europäische Marktüberwachungs-Verordnung bzw. ein daraus resultierendes nationales Marktüberwachungsgesetz sind derzeit noch nicht absehbar und müssen zukünftig auch entsprechend berücksichtigt werden.
Untersuchungsergebnisse
Tätowierfarben werden auch im LALLF seit über 20 Jahren mit unterschiedlichen Schwerpunkten analysiert. In den Jahren 2017 bis 2021 wurden insgesamt 43 Proben neben der Kennzeichnungsprüfung auf Elemente und Konservierungsstoffe untersucht. 2018 und 2019 wurde bei den Tätowiermitteln zusätzlich der mikrobiologische Status geprüft, welcher bei keiner der Proben zu beanstanden war. 2020 musste der Untersuchungsschwerpunkt Tätowiermittel durch die coronabedingte Schließung der Tattoostudios entfallen.
Zur Untersuchung lagen Tätowierfarben in schwarz, weiß, grau, gelb und verschiedenen Rottönen von unterschiedlichen Herstellern und Importeuren (USA, Italien, Deutschland) vor. Die Beurteilung orientierte sich in diesem Zeitraum noch an den „alten“ geltenden Rechtsvorschriften und Normen. Beanstandungen resultierten bei fünf Proben (12 %) aus erhöhten Gehalten an Cadmium, Blei und Barium. Wei¬terhin wiesen 13 Proben (30,2 %) Kennzeichnungsmängel auf (nicht vorschriftsgemäße Angaben, zum Beispiel zu Herstellern oder Inverkehrbringern, Verwendungsdauer, Mindesthaltbarkeit, und in der Liste der Bestandteile). Hinweise ergingen an die Überwachungsbehörden in drei Fällen aufgrund des Nachweises von Benzisothiazolon, einem Konservierungsstoff, dessen Anwendung für Tätowiermittel nicht rechtlich geregelt ist.
(Quellenangaben im Originaltext in der Broschüre)
Phthalate in kosmetischen Mitteln
Chemisch gesehen handelt es sich bei Phthalaten um die Ester der Phthalsäure mit Alkoholen. Abseits ihrer Anwendung als Weichmacher in Kunststoffen zur Verbesserung der Elastizität werden Sie auch in kosmetischen Mitteln, insbesondere Nagelprodukten eingesetzt. So zum Beispiel sorgen sie in Nagellacken dafür, dass die Lackschicht nach dem Trocknen geschmeidig bleibt und nicht absplittert.
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Phthalate können unterschiedliche Wirkungen auf den menschlichen Organismus haben. So sind einige von ihnen als endokrine Disruptoren eingestuft, das heißt, sie können durch Veränderungen des Hormonsystems die Gesundheit schädigen. Andere wiederum sind von den Europäischen Mitgliedstaaten als wahrscheinlich reproduktionstoxisch für den Menschen bewertet.[1] Nach aktuellem Stand sind in der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel elf Phthalate aufgeführt, deren Verwendung in kosmetischen Mitteln verboten ist (Tabelle).
Spuren verbotener Stoffe, die sich aus Verunreinigungen natürlicher oder synthetischer Bestandteile, dem Herstellungsprozess, der Lagerung, der Migration aus der Verpackung ergeben und die sich bei guter Herstellungspraxis als technisch unvermeidbar herausstellen, sind erlaubt. Dabei muss aber die Sicherheit des kosmetischen Mittelsgewährleistet sein. So kam etwa das Scientific Committee on Consumer Products (SCCP) in seiner Stellungnahme SCCP/1016/06 [2] zu dem Schluss, dass Spuren der verbotenen Phthalate
- Diethylhexylphthalat (DEHP),
- Dibutylphthalat (DBP) und
- Benzylbutylphthalat (BBP)
zu 100 mg/kg einzeln oder als Summe kein Gesundheitsrisiko für die Verbraucher darstellen.
Im Landesuntersuchungsprogramm 2021 wurden 21 Nagelprodukte auf verbotene Phthalate mittels Gaschromatographie und massenspektrometrischer Kopplung (GC-MS) untersucht, darunter Nagellacke/Überlacke, Nagelhärter, Nagelpflegeöle und Nagellackentferner.
In einer Probe Nagelöl wurde das verbotene Phthalat DEHP als Inhaltsstoff nachgewiesen. In Anbetracht des niedrigen Stoffgehaltes weit unter den vom SCCS vorgeschlagenen 100 ppm, war hier jedoch nicht von einer absichtlichen Verwendung seitens des Herstellers, sondern von einer Verunreinigung auszugehen. Ein Risiko für die Gesundheit des Verbrauchers bestand also nicht. Bei einer weiteren Probe Nagelöl konnte die Substanz Diethylphthalat (DEP) als Inhaltsstoff nachgewiesen werden, obwohl dieser nicht in der Liste der Bestandteile aufgeführt war. DEP unterliegt nach aktuellem EU-Recht keinen Anwendungs- oder Höchst-mengenbeschränkungen. Nach Einschätzung des Scientific Committee on Cosmetic Products and Non-food products (SCCNFP) [3] ist die Verwendung von DEP in den für kosmetische Mittel üblichen Mengen als „sicher“ zu bewerten.
Rückblickend sind im LALLF seit 2016 insgesamt 99 kosmetische Proben auf Phthalate mittels GC-MS untersucht worden (Tabelle). Die Produktpalette umfasste neben Nagelprodukten wie Nagellacken, Nagelölen und Nagellackentfernern auch andere kosmetische Mittel, wie Shampoos/Duschgele, Haar-/Styling-Gele, Seifen und Pflegespülungen. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst.Die Quote an Beanstandungen und Hinweisen zu überwachungsbedürftigen Sachverhalten betrug im Untersuchungszeitraum von 2016 bis 2021 ca. 20 %. In 11 % aller untersuchten Proben waren Weichmacher analytisch nachweisbar. Am häufigsten wurde hierbei der nicht deklarierte Stoff DEP nachgewiesen. Dieser Fund ist nicht verwunderlich, da Diethylphthalat neben seiner Verwendung als Weichmacher für Nagellacke auch als Trägerstoff und Lösungsmittel für Duftstoffe und andere Bestandteile von Kosmetika eingesetzt wird. Außerdem wird DEP als Vergällungsmittel für Alkohol genutzt und gelangt somit in eine Vielzahl anderer kosmetischer Produkte wie z. B. Make-up, Lotionen, Gesichtswasser, Eau de Toilette, Eau de Parfum, Deodorantien, After Shave, Haut- und Zahnpflegeprodukte. In einem Nagelhautpflegestift konnte im Jahr 2017 neben DEP auch der Weichmacher Tributylacetylcitrat (TBAC) nachgewiesen werden, obwohl beide Stoffe nicht in der Liste der Bestandteile aufgeführt waren. TBAC gilt als nicht toxisch, biologisch abbaubar und unterliegt nach aktuellem EU-Recht keinen Anwendungs- oder Höchst-mengenbeschränkungen. Es wird in Kosmetika, insbesondere Nagellacken eingesetzt, da es die Härte/Sprödigkeit des Films senkt und so zu mehr Elastizität führt. Außerdem fördert es das Abdampfen des für Nagellacke eingesetzten Lösungsmittels.
Neben der stofflichen Beschaffenheit waren Kennzeichnungsmängel aufgrund fehlender Angaben zu Bestandteilen, das vollständige Fehlen der Liste der Bestandteile, unkorrekte Angaben zur Mindesthaltbarkeit oder der Chargenangabe zu verzeichnen.
Die Wahrscheinlichkeit für Nachweise verbotener Phthalate als absichtlich eingesetzter Inhaltsstoff oder als Verunreinigung der Rohstoffe ist wegen
- der Komplexität an Inhaltsstoffen kosmetischer Produkte,
- sich permanent ändernder Rohstoffbezugsquellen,
- kontinuierlicher Änderungen der europäischen Kosmetik-Verordnung
immer gegeben. Das gilt besonders vor dem Hintergrund neuer toxikologischer Einschätzungen in den Europäischen Gremien. Daher werden im LALLF auch in den folgenden Jahren kosmetische Mittel auf Phthalate untersucht werden. Da die renommierten Hersteller für den europäischen Markt ihre Rezepturen meist sehr schnell an die gesetzlichen Regelungen anpassen, wird der Fokus auf Proben aus sogenannten Nail-Art-Studios liegen. Hier werden die verwendeten Produkte oftmals von den Betreibern entweder selbst oder über Großhändler aus Asien und den USA bezogen. Oftmals dürfen dort Nagellacken die in Europa verbotenen Weichmacher weiterhin zugesetzt werden.
(Quellenangaben in der Originalbroschüre)
Pflanzenschutzmittel in Obst & Gemüse?
In den zehn Jahren von 2012 bis 2021 sind im LALLF 2.169 Proben frisches Obst und Gemüse auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht worden. Zu den untersuchten Proben gehören Blattgemüse, Sprossgemüse, Fruchtgemüse und Wurzelgemüse sowie Beerenobst, Kernobst, Zitrusfrüchte und exotische Früchte einschließlich Rhabarber. Dabei besteht eine Probe je nach Größe der einzelnen Obst- und Gemüsesorten aus ein bis zwei Kilogramm, jedoch mindestens zehn bzw. fünf Früchten. Es obliegt dem Labor, aus der rechtlich vorgeschriebenen Probennahmemenge eine einheitliche Laborprobe zu erstellen, die zur Untersuchung verwendet wird.
Jede Probe wird dabei auf ca. 450 Wirkstoffe aus dem Bereich Pflanzenschutzmittel untersucht. Sowohl neu zugelassene Wirkstoffe sind in dem Spektrum abgedeckt, als auch in der EU nicht zugelassene oder lange verbotene Wirkstoffe. Proben aus Deutschland, der EU und dem außereuropäischen Ausland werden so umfassend bezüglich eventuell vorhandener Rückstände untersucht.
Wie in der Abbildung dargestellt, sind in durchschnittlich zwei Drittel der Proben Rückstände von Pflanzenschutzmitteln nachweisbar. In etwa einem Drittel werden keine Pflanzenschutzmittelwirkstoffe über der allgemeinen Bestimmungsgrenze von 0,01 mg/kg nachgewiesen. Besonders Erntegut mit dünner Schale, langer Wachstumsphase oder langen Transportwegen ist häufig stärker behandelt, was sich auch in der Konzentration oder Anzahl nachgewiesener Rückstände abbildet. Früchte mit vergleichsweise stabiler Schale, kurzer Wachstumsphase und kurzem Transport sowie unterirdischem Wachstum (Knollen usw.) benötigen dagegen seltener chemischen Pflanzenschutz.
Aus Mecklenburg-Vorpommern
Etwa ein Viertel der untersuchten Proben stammt aus MV. In der nachfolgenden Abbildung sind die Obst- und Gemüsearten dargestellt, von denen seit 2012 mindestens zehn Proben untersucht wurden. Weitere aus MV untersuchte Obst- und Gemüsearten waren Porree, Birne, Blumenkohl, Möhren, Radieschen, Zwiebeln, Kohlrabi, Paprika, Zucchini, Auberginen, Kürbis, Bohnen, Rosenkohl, Rote Beete, Pastinaken, Chinakohl, Erbsen, Fenchel, Grünkohl und Steckrüben. Der Anteil an Proben mit nachgewiesenen Rückständen betrug hier durchschnittlich 45 %, der Anteil an Proben mit Höchstgehaltsüberschreitungen lag bei 1,3 %.
Eine Höchstgehaltsüberschreitung (HGÜ) muss nicht zwingend durch eine unsachgemäße Anwendung verursacht worden sein. Beispielsweise wurde im Jahr 2021 bei einer Probe Äpfel aus MV eine Höchstgehaltsüberschreitung für den Wachstumsregulator Chlorpropham festgestellt, ein Wirkstoff, der bei Kartoffeln wegen seiner keimhemmenden Wirkung eingesetzt wird. Nachforschungen im Erzeugerbetrieb haben ergeben, dass die Äpfel lediglich in einer Halle gelagert wurden, in der vor wenigen Jahren noch die Behandlung von Kartoffeln stattgefunden hat. Ursache für den Befund war also eine Kreuzkontamination durch eine unzureichend gereinigte Halle.
Die drei am häufigsten untersuchten Obst- und Gemüsearten aus MV waren Erdbeeren, Äpfel und Tomaten mit 99, 46 und 54 Proben. Bei Erdbeeren fällt auf, dass ein Anteil von 84 % der Proben Rückstände enthält. Erdbeeren wachsen dicht am gegebenenfalls feuchten Boden und haben eine sehr dünne Haut, weshalb sie anfällig für den Befall mit Schimmelpilzen sind. Um die Früchte vor dem Befall zu schützen, werden Erdbeeren häufig mit Fungiziden behandelt. Tomaten aus MV wachsen dagegen vorrangig in Gewächshäusern. So sind sie schon ein Stück weit vor Konkurrenzpflanzen, gegen die Herbizide eingesetzt werden müssten, Schadinsekten (Insektizide) und ungünstigen Witterungsbedingungen, die zu Schimmelpilzbefall führen könnten, geschützt.
Ergebnisse der Untersuchung von Fleisch auf Tierarzneimittelrückstände
Die Kontrollverordnung der EU 2017/625 fordert unter anderem auch die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen über Tierarzneimittelrückstände und Kontaminanten in Erzeugnissen tierischen Ursprungs, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind (Artikel 18). Der Umfang dieser Untersuchungen ist in §10 der Tierischen Lebensmittelüberwachungsverordnung definiert und nimmt Bezug auf den Nationalen Rückstandskontrollplan. Letzterer enthält für die einzelnen Tierarzneimittelgruppen Festlegungen über den konkreten Probenumfang, das Analytenspektrum und die geforderte Nachweisempfindlichkeit der verwendeten Methoden. Durch die Etablierung von leistungsfähigen Prüfverfahren, die simultan verschiedene Stoffgruppen von Tierarzneimitteln nachweisen können, ist die Aussagekraft einer Untersuchung heute viel umfangreicher als die Minimalforderungen des Rückstandskontrollplanes. Über eine solche Multimethode zur Untersuchung auf Antibiotika und andere Tierarzneimittel, die zusammen mit Partnern in der Norddeutschen Laborkooperation (NoKo) entwickelt wurde, ist ausführlich im Verbraucherfokus 2019 berichtet worden. Was konnte seitdem in der Überwachungsarbeit festgestellt werden?
Die Überwachung der vom Tier stammenden Lebensmittel erfolgt auf allen Stufen der Lebensmittelproduktion. Sie beginnt während der Haltung der Tiere in den Erzeugerbetrieben, wird in den Schlacht- und Verarbeitungsbetrieben fortgesetzt und auch auf Einzelhandelsebene durchgeführt. Die gemäß Nationalem Rückstandskontrollplan durchgeführten Untersuchungen sind in der folgenden Tabelle aufgeführt.
Tierarzneimittelrückstände wurden 2021 in insgesamt vier Rindern und einem Geflügelbestand nachgewiesen. Dabei handelte es sich in einem einzigen Fall um antibiotisch wirksame Stoffe. Der Wirkstoff Doxycyclin überschritt dabei in einem geschlachteten Jungmasthuhn die zulässige Höchstmenge. Die Rinder wiesen dagegen Höchstgehaltsüberschreitungen bei entzündungshemmenden Mitteln auf. Solche Tiere werden vor allem durch eine aufmerksame Schlachttieruntersuchung auffällig, wenn festgestellt wird, dass das Verhalten der Tiere im Widerspruch zu anatomischen Befunden, z. B. an Gelenken oder am Euter, steht. Dennoch lag die Beanstandungsrate bei Rindern insgesamt wieder bei unter 0,5 %.
Die einzelnen Höchstgehaltsüberschreitungen an Schlachttieren sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt.
Obwohl die im LALLF-Labor festgestellten arzneilich wirksamen Stoffe die gesetzlich festgelegten Höchstmengen überschritten, wurden in den betreffenden Proben die sogenannten ADI–Werte (akzeptierte tägliche Aufnahmemengen durch den Menschen) von 1,25 μg/kg Körpergewicht/ Tag für Meloxicam und von 3 μg/kg Körpergewicht/Tag für Tetracyclin wie folgt ausgeschöpft: Ein 20 kg schweres Kind könnte täglich fast 400 g des belasteten Geflügelfleisches verzehren bzw. 265 g des wegen Meloxicam beanstandeten Fleisches zu sich nehmen, ohne die toxikologischen Grenzwerte zu überschreiten. Bei Erwachsenen wären die akzeptablen Verzehrsmengen entsprechend höher.
Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Tierarzneimittelnachweise bei Rindern in MV in den letzten fünf Jahren. Wenngleich aufgrund der geringen Probenzahlen, die auf den im Bundesvergleich in MV niedrigen Schlachtzahlen beruhen, keine statistische Absicherung möglich ist, so ist in der Tendenz doch eine Abnahme der Antibiotikanachweise zu erkennen. Entzündungshemmende Substanzen (nichtsteroidale Entzündungshemmer, Kortikosteroide) sind dagegen häufiger nachgewiesen worden. Außer den Rindern waren im dargestellten Zeitraum zwei Schweine mit Antibiotika (einmal in Kombination mit Dexamethason) und der erwähnte Befund bei Geflügel auffällig.
Mit der aktuell im LALLF praktizierten Untersuchungsstrategie ist es möglich, vermehrt Verstöße bei Tierarzneimittelanwendungen festzustellen, die mit dem Hemmstofftest nicht erkannt werden können. Neben den entzündungshemmenden Stoffen erfolgte die simultane Untersuchung auf viele verbotene Stoffe wie Nitroimidazole und Chloramphenicol sowie 140 weitere pharmakologisch wirksame Stoffe. Arzneimittelgruppen wie Sedativa, Betaagonisten oder Antiparasitika werden mit Einzelmethoden geprüft. Diese Wirkstoffe wurden erfreulicherweise in keiner Probe nachgewiesen.
Erfolgreiche Pflanzkartoffelvermehrung in Mecklenburg-Vorpommern wird auch durch Haus- und Kleingärtner gesichert
Geschichte des Pflanzkartoffelanbaus in MV
Kartoffeln werden in Norddeutschland seit Mitte des 18. Jahrhunderts angebaut. Damals verpflichtete König Friedrich II. von Preußen Gutsbesitzer und Bauern per Gesetz, diese heute so wertvolle Kulturpflanze systematisch anzubauen. Die Gebiete um Torgelow und Köslin (heute Koszalin) werden als erste Anbaugebiete von Historikern angeführt. Die leichten, sandigen Böden in vielen Teilen Pommerns/Norddeutschlands trugen maßgeblich dazu bei, dass die Kartoffel hier beste Wachstumsbedingungen vorfand. Norddeutschland entwickelte sich schnell zu einem führenden Kartoffelanbaugebiet Deutschlands. Diese Entwicklung hat sich bis in die Gegenwart fortgesetzt. Heute ist MV ein Zentrum der deutschen Kartoffelzucht und Kartoffelvermehrung. Neben den guten Bodenbedingungen sind dabei vor allem die einmalig günstigen natürlichen, klimatischen Gegebenheiten, die durch große zusammenhängende Gebiete mit vergleichsweise niedrigen Jahresmitteltemperaturen und häufigeren Luftbewegungen charakterisiert sind, verantwortlich. Diese Bedingungen führen zu einem geringeren Befall der Kartoffelbestände mit Virus übertragenden Blattläusen. Es gibt in Deutschland keinen zweiten Standort, der diese hervorragenden Bedingungen für die Pflanzkartoffelerzeugung bietet. Deshalb findet in MV fast die gesamte Vorstufenvermehrung von Kartoffeln Deutschlands statt. MV gilt damit als sogenannte „Kinderstube der Kartoffelvermehrung“. Hier wird das Ausgangsmaterial für den weiteren Vermehrungsaufbau in anderen Bundeslän-dern sowie im Ausland erzeugt. Dieser hohe Standard kann aber nur gehalten werden, wenn alle Kartoffelanbauer, auch die Kleingärtner, um die Bedeutung des Bundeslandes für die Pflanzkartoffelvermehrung wissen und deren Schutz gemeinsam wahren.
Um MV langfristig als Vermehrungsgebiet zu erhalten und zu festigen, hat die Landesregierung bereits im Jahr 1992 die „Gesundlagenverordnung“ für ausgewiesene Anbaulagen von Kartoffeln verabschiedet. In diesen weiträumigen Gebieten gelten strengere Anforderungen an die Pflanzgutqualität als allgemein gesetzlich vorgegeben. Hauptziel ist der Schutz der wertvollen Vermehrungsbestände vor Virusinfektionsquellen.
Qualitative Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kartoffelvermehrung in MV
Grundlegende Voraussetzung für die Kartoffelvermehrung ist die absolute Freiheit der Bestände von Quarantäne-schaderregern, wie z. B. Kartoffelkrebs oder Bakterienringfäule. Festgestellter Befall führt zu weitreichenden Maß-nahmen für den betroffenen Betrieb und darüber hinaus für die umliegende Region sowie den Handel. Ein weiteres wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Pflanzgutqualität ist der Befall mit Viruskrankheiten. Während bei den Quarantäneschaderregern eine Nulltoleranz herrscht, gibt es beim Virusbefall mögliche Höchstgehalte, die die Qualität der Pflanzkartoffeln bestimmen (siehe unten).
Infobox
Kartoffelviren werden durch Blattläuse übertragen und sind durch Veränderungen an den Blättern (Mosaikverfärbungen, Kräuselungen, eingerollte Blätter) erkennbar. Je nach Sorte sind die Symptome unterschiedlich stark ausgeprägt. Die Folge eines Virusbefalls sind Ertragsverluste. Da Viren über die Knollen an die nachfolgende Generation Kartoffeln weiter gegeben werden, ist der Befall in hohem Maße relevant für den Vermehrungsaufbau.
Die Kartoffelvermehrung – ein komplizierter Vorgang
Aufgrund der vegetativen Vermehrung der Kartoffel über die Knolle dauert es deutlich länger, bis dem Landwirt oder dem Kleingärtner ausreichend Pflanzgut einer Sorte zur Verfügung gestellt werden kann. Der Vermehrungsaufbau verläuft über sogenannte Kategorien, an die vom Gesetzgeber bestimmte Anforderungen an die Sortenechtheit und den Befall durch Schaderreger gestellt werden. Höchste Ansprüche werden an Vorstufenpflanzgut gestellt, das als Ausgangsmaterial für die weitere Vermehrung gilt, die geringsten Forderungen an zertifiziertes Pflanzgut. Insgesamt sind für die Vermehrung einer Partie maximal neun Vermehrungsstufen auf dem Feld möglich. Anschließend dürfen die Kartoffeln nicht mehr weitervermehrt werden. Eine neue Vermehrung muss dann wieder mit Ausgangsmaterial aus dem Labor begonnen werden. Die Festlegung der Vermehrungskategorie und damit des Jahrgangs im Feld erfolgt unter anderem anhand des Virusgehaltes in den Kartoffeln. Hohe Virusgehalte führen dazu, dass sich der neunjährige Vermehrungsaufbau verkürzt. Wenn die gesetzlich vorgegebene Virusnorm einer Kategorie nicht eingehalten werden kann, müssen Kategorien übersprungen werden. Die Folge ist, dass am Ende des Vermehrungszeitraumes nicht ausreichend Pflanzgut für den Verbraucher zur Verfügung steht.
Infobox
Anerkanntes Pflanzgut: Für jedes Vermehrungsvorhaben wird vom Züchter im LALLF die amtliche Anerkennung beantragt. Das Antragsverfahren beinhaltet sowohl die mehrfache Prüfung der Feldbestände als auch die Kontrolle des Erntegutes. Hierbei werden die Knollen im Labor auf Viruskrankheiten und Quarantäneschaderreger überprüft. Nur bei Einhaltung der gesetzlichen Qualitätsanforderungen wird die Pflanzgutpartie vom LALLF zertifiziert und damit für den Handel freigegeben.
Kartoffelanbau im Kleingarten
Eine Gefahr für die Gesundlagen der Pflanzkartoffelvermehrung, aber auch für alle weiteren Pflanzkartoffelbestände auf dem Feld geht nicht nur von großen landwirtschaftlichen Kartoffelbeständen aus, sondern auch vom Kartoffelanbau in Haus- und Kleingärten. Denn kleine Flächen werden ebenfalls von Blattläusen angeflogen und können als Infektionsquelle für Viruserkrankungen dienen. Daher ist es besonders wichtig, dass auch hier nur anerkanntes Pflanzgut, vorzugsweise durch direkten Bezug vom Züchter, angebaut wird. Man erkennt dieses Pflanzgut beim Kauf an der blauen Banderole auf der Verpackung (siehe Abbildung). Dieses hochwertige Pflanzgut sichert Qualität, Sortenreinheit, Gesundheit und ist Grundlage für einen erfolg- und ertragreichen Kartoffelanbau im Kleingarten! Außerdem wird mit dem Anbau dieses Pflanzgutes ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt der hohen Qualität der Pflanzkartoffelvermehrung in MV geleistet. Es lohnt sich!
Der Asiatische Laubholzbockkäfer in Warnemünde?
Der Fund
Am 12. Februar 2021 wurde der Pflanzenschutzdienst des LALLF über den Verdacht des Befalls mit einem nicht-heimischen Schaderreger an einer Birke in Warnemünde informiert. Ein Baumpfleger hatte bei Arbeiten mehrere kreisrunde Ausbohrlöcher mit einem Durchmesser von ca. einem Zentimeter festgestellt und fotografiert. Diese Fotos sind von den Fachleuten des Labors des Pflanzenschutzdienstes genau untersucht worden. Zusätzlich wurde die Expertise eines Spezialisten aus Bayern genutzt. Das Urteil der Fachleute: Ein Befall mit nichtheimischen Käferarten konnte nicht ausgeschlossen werden. Es könnte sich sogar um Symptome eines Befalls mit dem Asiatischen Laubholzbockkäfer (ALB) handeln. Dieser Verdacht musste schnellstmöglich abgeklärt werden.
Der gefährliche Käfer und seine Auswirkungen
Wer ist dieser ALB?
Der Käfer stammt aus Asien und wurde inzwischen in die USA und viele europäische Länder, vorrangig über Verpackungsholz, eingeschleppt. In Deutschland wurde er 2004 erstmals im Freiland nachgewiesen. Sehr schnell folgten mehrere Funde, besonders in Süd- und Mitteldeutschland. In MV trat er bis zu diesem Zeitpunkt nicht auf.
Der Käfer befällt gesunde Laubbäume und kann sie dadurch zum Absterben bringen. Bei der Auswahl der Baum-arten ist er sehr flexibel. Allerdings bevorzugt er offensichtlich Ahorn, Birke, Rosskastanie, Weide, Pappel und Ulme, also Baumarten, die in unserem Bundesland weit verbreitet sind.
Der ALB wurde aufgrund seines extrem hohen Gefährdungspotentials für Laubbäume im Öffentlichen Grün, in Wäldern, aber auch in Erwerbsanlagen Europas von der EU-Kommission als prioritärer Unionsquarantäneschädling eingestuft. Das heißt, eine Einschleppung und Verbreitung des Käfers muss unbedingt verhindert werden. Spezielle EU-weite Vorgaben zur Verhinderung der Einschleppung und Ansiedlung sowie zur Bekämpfung gelten bereits seit dem Jahr 2015. Der Pflanzenschutzdienst des LALLF führt seit dieser Zeit umfangreiche Überwachungsmaßnahmen in ganz MV durch, um nach einer möglichen Einschleppung schnellstmöglich die Ausbreitung dieses gefährlichen Schaderregers zu verhindern und den Befall zu tilgen. Dabei ist der Schutz unseres Ökosystems das prioritäre Ziel. Außerdem ist die Ausweisung der Befallsfreiheit von diesem Schädling ein wesentlicher Faktor für die wichtige Holzindustrie unseres Landes.
Folgen des Käferlochfundes
Um eine Ansiedlung des ALB in MV zu verhindern, ist deshalb ein Befallsverdacht wie in Warnemünde mit größter Sorgfalt und Konsequenz nach den geltenden europäischen Rechtsgrundlagen aufzuklären. Für eine genaue Bestimmung des Befalls war es notwendig, die mit Bohrlöchern identifizierte Birke zu fällen. Mit Unterstützung des Amtes für Stadtgrün der Hansestadt Rostock wurde dieser Baum in kleinen Segmenten abgenommen und vor Ort Zweige, Äste und natürlich der Stamm fast zentimeterweise auf Befallsspuren untersucht. Große Teile der Äste und des Stammes sind zur Untersuchung in extra schnell angeschafften ausflugsicheren Kisten in das Labor des Pflanzenschutzdienstes verbracht worden. Alle restlichen Teile kamen geschreddert in die Verbrennung. Auf demselben Grundstück stehende Birken wurden mit Hilfe eines Hubsteigers ebenfalls auf Symptome eines Käferbefalls untersucht.
Spürhundeeinsatz
Speziell trainierte Spürhunde sind in der Lage, einen ALB-Befall an Bäumen zu erkennen. Ein Glück war es, dass solche Hunde auch in Warnemünde eingesetzt werden konnten. Vor der genauen labordiagnostischen Untersuchung der Baumteile wurden diese durch die Hunde kontrolliert. An mehreren Holzstücken zeigten sie einen Käfer-Befallsverdacht an. Bei ihrem anschließenden Einsatz in Warnemünde identifizierten sie zwei weitere Bäume mit einem möglichen Käferbefall.
Analysen der ExpertInnen
Die anschließende „zentimeterweise“ Diagnose der Baumteile im LALLF sollte Aufschluss bringen, ob Stadien des Käfers oder spezielle Genagselrückstände (Gemisch aus Holzspänen und Kot) zum Vorschein kommen. Es konnte dabei tatsächlich eine Larve sowie geringe Mengen Genagsel sichergestellt werden.
Experten des Nationalen Referenzlabors, dem Julius-Kühn- Institut Braunschweig, unterstützten dankenswerterweise visuellen Begutachtung der Bohrgänge, des Genagsels und der Larve konnte durch die Spezialisten vorsichtig entwarnt werden, dass es sich wohl nicht um einen Befall mit dem ALB handelt. Um den Schädling genau zu bestimmen, wurden die Larve und Genagselproben anschließend von den externen Experten per Genanalyse (PCR) im Julius-Kühn-Institut untersucht.
Aufgrund typischer Ausbohrlöcher wurden zwei weitere Birken aus unmittelbarer Nachbarschaft des ersten Baumes gefällt. Die darauffolgenden Diagnosen dienten vorrangig dazu, einen Befall mit dem ALB auszuschließen. Das war zwingend erforderlich, da ein Baum mit mehreren Schädlingen befallen sein kann.
Ein entlastendes Ergebnis und Ausblick
Im Ergebnis aller durchgeführten Untersuchungen wurde der ALB glücklicherweise nicht nachgewiesen. Sowohl die Larvengänge als auch die Larve deuteten auf einen Befall mit dem „Blausieb“, einem heimischen Schadschmetterling, hin. Diese Diagnose wurde mit Hilfe der molekularbiologischen Untersuchungen im Julius-Kühn-Institut zweifelsfrei bestätigt.
Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse kann eine Gefährdung weiter Teile des Laubbaumbestandes in Warnemünde, einschließlich des Küstenwaldes, vorerst ausgeschlossen werden. Zur Absicherung dieser Resultate wird jedoch seit dem Fund 2021 bis in das Jahr 2022 mit Hilfe von Lockstofffallen und visuellen Bonituren ein Monitoring an Laubbäumen im Umkreis von 500 m um den Befallsherd durchgeführt.
Der Buchsbaumzünsler Cydalima perspectalis (Walker) erobert MV
Der Buchsbaumzünsler ist ein Kleinschmetterling, der zur Ordnung Lepidoptera und zur Familie der Zünsler (Pyralidae) gehört. Die Art stammt ursprünglich aus den humiden, subtropischen Gebieten Ostasiens wie China, Korea und Japan.
Das Neozoon (eingewanderte Art) hat in Europa kaum natürliche Feinde und konnte sich so recht schnell von Süden nach Norden ausbreiten. Der Falter wurde 2007 in Baden-Württemberg und der Schweiz das erste Mal wahrgenommen. Danach folgten Funde im Elsass, Bayern und 2009 in Brandenburg. Im südlichen Holstein wurde das Auftreten des Buchsbaumzünslers im August 2018 amtlich bestätigt. Das Erstauftreten in MV wurde ein Jahr später, im Bereich der Innenstadt der Hansestadt Rostock registriert. Mittlerweile ist das Insekt in ganz Europa von Griechenland bis Großbritannien und östlich im Kaukasus bis Georgien verbreitet (Quelle: EPPO, Global Database). Da die Erstmeldungen der Bundesländer in schneller zeitlicher Abfolge und teilweise aus mehr als 500 km voneinander entfernten Gebieten erfolgten, wird davon ausgegangen, dass der Schaderreger mit befallenen Pflanzen oder Stecklingsmaterial aus China „mitgereist“ ist. Innerhalb Deutschlands und Europas konnte er sich vermutlich mit dem Pflanzenhandel weiter verbreiten.
Der Falter des Buchsbaumzünslers ist nachtaktiv und hält sich bei Tageslicht versteckt. Er hat weiße, leicht violett schimmernde Flügel mit einem auffälligen braunen Rand. Die Flügelspannweite beträgt etwa vier Zentimeter.
Die Larve des Buchsbaumzünslers, die farblich sehr gut dem dunklen Grün des Buxus angepasst ist und zudem schwarze, leicht behaarte Warzen und Punkte am Körper aufweist. Der Kopf ist ebenfalls schwarz. Die frisch geschlüpften Eilarven weisen diese typische Körperzeichnung noch nicht auf . Die ältesten Larven können eine Körperlänge bis zu fünf Zentimetern erreichen. Insgesamt werden zwischen sechs und sieben Larvenstadien durchlaufen.
Der Schaden an den Pflanzen wird durch die gefräßigen Larven verursacht. Fällt der Schabefraß der jungen Zünsler-Stadien auf der Blattoberseite kaum auf, so werden mit zunehmender Larvengröße ganze Blätter gefressen. Oftmals bleibt nur der äußere Blattrand stehen, der vertrocknet und wie feine Strohfädchen im Laubwerk erscheint. Die Larven fressen bevorzugt im Inneren der Pflanzen an sonnenexponierten Plätzen. Sind keine Blätter mehr vorhanden, wird auch die grüne Rinde der Buchszweige gefressen. Bei günstigen Witterungsbedingungen und hoher Vermehrungsrate des Schadinsektes können unbehandelte Pflanzen im dritten Befallsjahr komplett kahl dastehen und treiben dann aufgrund der Rindenschädigung auch nicht mehr aus.
Die Larven überwintern (als L4 Stadium) in Gespinsten im geschützten Inneren der Buchspflanzen. Dazu werden aus feinen Seidenfäden sogenannte „Wiegen“ auf der löffelartig verkrümmten Blattunterseite gefertigt bzw. zwei oder mehr Blätter eng zusammengesponnen. Im Frühjahr, ab Temperaturen zwischen 10 und 12°C, werden die Raupen wieder aktiv, verlassen ihr Wintergespinst und führen ihren Fraß fort, um sich ab Ende Mai zu verpuppen. Sie begeben sich anschließend für ca. 14 Tage in Puppenruhe. Mitte Juni bis Ende Juli schlüpfen daraus die Falter der ersten Generation. Nach der Eiablage und Larvalentwicklung folgt, etwa im September, eine zweite Faltergeneration. Im Zuge des Klimawandels sind früh einsetzende und bis weit in den Herbst anhaltende hohe Temperaturen nicht selten. Unter solchen Witterungsbedingungen verkürzt sich die Gesamtentwicklungszeit des Insektes, sodass eine dritte Generation möglich ist. Hinzu kommt, dass die Mortalitätsrate aufgrund der milden Winter gering ist und sich schnell hohe Populationsdichten aufbauen können.
Um die aktuelle Verbreitung in MV abbilden zu können, hat der Pflanzenschutzdienst im letzten Sommer ein Monitoring begonnen. Dazu wurden bislang 18 Orte, die im Bundesland verteilt liegen, aufgesucht und auf den Befall hin untersucht. In der Abbildung sind Fundorte mit rotem Punkt und befallsfreie Kontrollorte mit grünem Punkt dargestellt.
Ein eindeutiges Verbreitungsmuster lässt sich aus der Erhebung nicht ableiten. Erfahrungsgemäß bleibt der Buchsbaumzünsler an dem Platz, wo er sich etabliert hat und vermehrt sich an förderlichen Standorten so lange, bis ihm die Nahrungsgrundlage ausgeht. Erst nachdem alle Wirtspflanzen in direkter Nachbarschaft vernichtet wurden, sucht er durch aktiven Flug neue Eiablageorte und Nahrungsquellen. Zu seinen, in Europa bestätigten Wirtspflanzen gehören der Gewöhnliche Buchsbaum (Buxus sempervirens) und der Kleinblättrige Buchsbaum (Buxus microphylla). In der asiatischen Literatur werden auch das Geflügelte Pfaffenhütchen (Euonymus japonicus) und die Purpur-Stechpalme (Ilex purpurea) als Wirtspflanzen genannt.
In der Baumschule erleichtert das Aufstellen von Fallen mit dem spezifischen Pheromon die Früherkennung sowie die Verfolgung der Dynamik des Falterfluges. Wurden bereits erste Fraßspuren gesichtet, sollten weitere Untersuchungen an Pflanzen in warmer und sonniger Lage durchgeführt werden. Die Kontrollen müssen in regelmäßigen Abständen über die Vegetationsperiode verteilt erfolgen. Überwinternde Larven zu finden ist sehr schwierig, da sich diese gut getarnt verstecken. Sichtbarer ist der typische Blattfraß mit stehen gebliebenen und vertrockneten Blatträndern, feinen Gespinsten sowie anhaftenden Kotkrümeln. Erst bei fortgeschrittenem Befall und längeren Phasen mit Tagestemperaturen über 10°C sind die Larven zu finden. Diese sitzen zumeist geschützt in Bodennähe im Inneren der Pflanzen. Starker Befall im Endstadium kann mit der Pilzerkrankung „Buchsbaumsterben“, verursacht durch Cylindrocladium buxicola, verwechselt werden.
Die Möglichkeiten der Kontrolle des Schaderregers sind begrenzt. Beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist dringend darauf zu achten, auf welcher Fläche eine Behandlung erfolgen soll.
Im Bereich Baumschulen sind verschiedene gegen freilebende Schmetterlingsraupen auf Basis von Bacillus Thuringiensis sowie gegen beißende Insekten wirksame Insektizide ausgewiesen. Durch Rückschnitt lassen sich Eigelege gut entfernen, da sie sich als sogenannte „Eispiegel“ auf der Unterseite der meist äußeren und jüngeren Blätter befinden. Die versteckt lebenden Raupen werden mit dieser Methode hingegen nicht ausreichend reduziert.
Daneben können auch Pflanzenschutzmittel auf Basis insektenpathogener Nematoden ausgebracht werden. Dafür geeignet sind die Nematodenarten Steinernema carpocapsae oder Heterohabditis bacteriophora. Die Nematoden bekämpfen vorrangig die Larvenstadien L2 bis L4.
Liegt die zu behandelnde Fläche in einer öffentlichen Parkanlage oder auf einem Friedhof, handelt es sich hierbei um eine Fläche im Sinne von §17 Pflanzenschutzgesetz. Dort dürfen nur Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) für den Einsatz auf Flächen für die Allgemeinheit zugelassen worden sind und für diese Indikation ausgewiesen wurden.
Nach dem Ergebnis der amtlichen Monitoringerhebungen sind noch viele Buchsbaumbestände in MV befallsfrei. Darunter sind auch bedeutende Altbestände auf Friedhöfen bzw. gepflegte Hecken in repräsentativen Parkanlagen. Noch ist der Buchsbaum in unserer Kulturlandschaft präsent. Wie lange das so bleibt, ist nicht absehbar.
Fischereiverwaltung
Durch die obere Fischereibehörde werden die Zugangsbedingungen zur Ausübung der Fischerei geprüft und die entsprechend notwendigen Zertifikate, Genehmigungen und Erlaubnisse für Fischer und Angler erteilt sowie über die örtlichen Ordnungsbehörden die Fischereiabgabemarken für den Fischereischein ausgegeben.
Angelerlaubnisse für Küstengewässer
Im Jahr 2021 wurden insgesamt 90.279 Angelerlaubnisse für die Küstengewässer des Landes MV (selbst. FiR des Landes) ausgegeben. Im Vorjahr 2020, in dem es bereits coronabedingte touristische Einreiseverbote (Lockdown) im Frühjahr und im Spätherbst gab, waren es noch 106.287 Erlaubnisse. Somit ist im Jahr 2021 eine Minderausgabe von rund 16.000 Erlaubnissen (= minus 15 %) festzustellen. Der Rückgang macht sich im Gegensatz zum Jahr 2020 nun jedoch deutlich im zweistelligen Bereich in allen Segmenten (Tages-, Wochen- und Jahreskarten) bemerkbar. und Länder, die entsprechenden Maßnahmen aus dem November 2020 nicht nur bis Ende Januar 2021 zu verlängern, sondern auch noch zu verschärfen. Der Lockdown blieb bestehen und das öffentliche, wirtschaftliche und private Leben wurde weitgehend heruntergefahren, um die dritte Welle der Pandemie zu brechen.
Durch das Verbot von Urlaubsreisen entfiel das Tourismusgeschäft zu Ostern vollständig. Gleiches galt für die Frühjahrsherings- und Hornfischsaison (März - Mai) für Angler aus anderen Bundesländern. Ende Mai 2021 begann die Wiedereröffnung des Tourismus in mehreren Schritten. Nach monatelangem Lockdown durften Tourismusbetriebe wieder Übernachtungsgäste aus anderen Bundesländern empfangen, der Start verlief jedoch eher schleppend. Ab Mitte Juni wurde MV wieder für Tagestouristen geöffnet (mit gültigem Antigen-Schnelltest). Erst im Juli waren nach Angabe des Tourismusverbands MV die Urlaubsorte an der Küste und im Binnenland gut besucht. Diese Entwicklungen spiegelten sich im Verlauf der Ausgabe der Angelerlaubnisse wider.
Online-Shop für Angelerlaubnisse Küstengewässer
Seit der Einführung des elektronischen Systems zur Registrierung der erteilten Angelerlaubnisse für die Küstengewässer des Landes MV im Jahr 2010 bestanden Anfragen von Bürgern, ob das Verfahren der Erteilung nicht im Online-Verfahren ermöglicht werden kann. Die Ausgabe von Angelkarten über eine Internetapplikation wurde im Jahr 2012 als Pilotprojekt im Rahmen der Einführung des eGovernment vorgenommen. Unter der Adresse: erlaubnis.angeln-mv.de und seit 2017 auch unter fiskado.de können Angler kurzfristig und ohne an die Öffnungszeiten der weiterhin rund 300 Verkaufsstellen gebunden zu sein, ihre Angelerlaubnis für die Küstengewässer online erwerben und zu Hause ausdrucken. Die Auswertung ergab, dass im Jahr 2021 insgesamt 26.303 Angelerlaubnisse online aus¬gegeben wurden. Der Anteil der Online-Angelerlaubnisse stieg auch coronabedingt auf 29,1 % aller ausgegebenen Angelerlaubnisse für die Küstengewässer des Landes MV.
Nach einer Systemumstellung im November 2020 haben alle Angelerlaubnisse ein QR-Feld für eine schnelle, mobile Kontrolle der Gültigkeit durch die Fischereiaufsicht und die Polizeibeamten. Die Ausrüstung der Kontrollbefugten mit der entsprechenden mobilen Kontrollsoftware über Smartphone erfolgte im ersten Quartal 2021.
Fischereischeinprüfung
Den zuständigen Prüfungsbehörden (örtliche Ordnungsbehörden) wurden im Jahr 2021 auf deren Anforderung die amtlichen Vordrucke der Fischereischeinprüfung zur Durchführung der Prüfungen übergeben. Das waren ca. 3.100 Fragebögen.
In dem Jahr wurden von den Ordnungsbehörden 151 Termine für die Fischereischeinprüfung im Land MV anberaumt, von denen jedoch 26 Termine coronabedingt ausfielen. An den anderen Terminen war unter den festgelegten besonderen Hygienebedingungen die Durchführung der Prüfung nur mit begrenzter Teilnehmerzahl möglich. Ausgehend von den übersandten Prüfungsfragebögen ist zu resümie¬ren, dass die Anzahl der Prüfungsteilnehmer im Vergleich zu 2019 um ca. 20 % geringer war. Insoweit hat sich der „Prüfungsstau“ coronabedingt weiter vergrößert.
Fischereischein auf Lebenszeit
Im Jahr 2021 wurden nach erfolgreicher Sachkundeprüfung von den zuständigen Ordnungsbehörden 2.861 Fischereischeine auf Lebenszeit für Angler neu ausgestellt.
Im Rahmen der Anträge auf Umtausch von Fischereischeinen anderer Bundesländer (wegen Umzugs) wurden 581 Anträge zur Vergleichbarkeit der Sachkundevoraussetzungen durch die KollegInnen im LALLF geprüft und das Ergebnis (569 positiv, 12 negativ) den zuständigen Behörden und Antragstellern mitgeteilt.
Touristenfischereischein
Mit der Einführung einer Touristenfischereischeinregelung kann jeder anglerisch interessierte Bürger einen befristeten Fischereischein ohne weitere Sachkundeprüfung erwerben. Seit dem Sommer 2010 ist dieser auch mehrfach im Kalenderjahr verlängerbar.
Den zuständigen 117 örtlichen Ordnungsbehörden wurden im Verlauf des Jahres 2021 rund 20.000 Ausweisformulare und Broschüren „Der zeitlich befristete Fischereischein“ auf Anforderung zur Ausgabe zugesandt. Die vorgenannte Broschüre war an die Änderungen der gesetzlichen Vorschriften angepasst worden. Seit dem Jahr 2007 wird sie aufgrund der verstärken Anfragen von ausländischen Bürgern zweisprachig (Deutsch/Englisch) aufgelegt.
Die nach dem Ablauf des Jahres 2021 durchgeführte Auswertung zur Erteilung des Touristenfischereischeins zeigt, dass davon insgesamt 17.863 Stück erteilt wurden, davon
- 5.443 an Bürger des Landes MV,
- 12.059 an Bürger anderer Bundesländer und
- 361 an Bürger anderer Staaten.
Außerdem sind 6.436 Verlängerungsbescheinigungen ausgestellt worden (5.393 an Bürger des Landes MV, 886 an Bürger anderer Bundesländer und 184 an Bürger anderer Staaten).
Auch der Verkauf der Touristenfischereischeine ging aufgrund der schwierigen touristischen Situation des Jahres 2021 deutlich zurück.
Fangstatistik
Dem LALLF obliegt die Führung der Fangstatistik der Kleinen Hochsee- und Küstenfischerei. Hier werden im Rahmen der Fangerfassung und der Quotenüberwachung die wirtschaftlichen Ergebnisse der rund 330 Betriebe der Kleinen Hochsee- und Küstenfischerei mit rund 650 Fischereifahrzeugen monatlich registriert. Darüber hinaus wird nach dem Fischereirecht der EU für logbuchpflichtige Fahrzeuge eine tägliche bzw. reisenbezogene Fangerfassung durchgeführt. Dies betraf im Jahr 2021 rund 150 Fischereibetriebe.
Aufgrund der seit Jahren anhaltend schlechten Quotensituation und im Jahr 2021 auch coronabedingt ungünstiger Vermarktungsmöglichkeiten haben sich die Betriebsergebnisse (Fänge und Erlöse) weiter verschlechtert. Während der Lockdown-Zeiten war die Vermarktung der Fänge in die Gastronomie stark verringert. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 3.368 t Fische gefangen. Das Ergebnis lag insbesondere aufgrund der weiteren Reduzierung der Herings-und Dorschquoten wiederum 30 % unter dem Ergebnis des Vorjahres. Um den Fischereibetrieben ein wirtschaftliches Überleben zu sichern, haben EU, Bund und Land MV Unterstützungsleistungen für die vorübergehende Einstellung der Dorsch- und Heringsfischerei sowie für die coronabedingte Stilllegung gewährt (siehe Punkt Fischereiförderung).
Maßnahmen zur Hege und Pflege von Fischbeständen
Ein Teil der Einnahmen aus dem Verkauf von Angelerlaubnissen für Küstengewässer des Landes MV steht für Besatzmaßnahmen und damit im Zusammenhang stehende fischereiwissenschaftliche Untersuchungen in den Küstengewässern
- zur Erhaltung,
- zum Aufbau und
- zur Pflege eines dem Gewässer angepassten Fischbe¬stands und
- für vorbereitende Arbeiten zur Besatzdurchführung sowie
- für erforderliche Effizienzkontrollen
zur Verfügung. Das LALLF ist für die Verwaltung dieser Mittel verantwortlich.
Besatzprogramm Schnäpel und Meerforelle
Seit dem Jahr 2000 werden durch die obere Fischereibehörde Besatzmaßnahmen in den Küstengewässern und deren Zuflüssen zur Erhaltung, zum Aufbau und zur Pflege eines dem Gewässer angepassten Fischbestandes durchgeführt. Die Finanzierung der Maßnahmen, die sich auf die gesetzliche Hegeverpflichtung berufen, wurde durch bis zu 10 % der Einnahmen aus dem Verkauf von Angelerlaubnisscheinen vorgenommen. So konnten im Jahr 2021 in Fortführung des Besatzprogramms
- rund 400.000 Ostseeschnäpelbrütlinge zum Bestandsaufbau in den Peenestrom und das Kleine Haff und
- 300.000 Meerforellenbrütlinge zur Bestandsstützung in die Fließgewässer
ausgebracht werden. Die Kosten für die Besatzmaßnahmen betrugen im Jahr 2021 42.800 Euro.
Meerforellenbesatzmaßnahme
Um den Erfolg der Besatzmaßnahmen zu kontrollieren, wurden für den Meerforellenbesatz durch Fischereibiologen Probebefischungen zum Monitoring und zur Effizienzkontrolle in den besetzten Fließgewässern sowie Laichplatzuntersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse der Effizienzkontrolle bekräftigen die Wirksamkeit der Besatzmaßnahmen. Entsprechende Nachweise wurden geführt und dokumentiert.
Beratung zur Besatzstrategie
Am 03. November 2021 konnte nach mehrfach coronabedingten Verschiebungen die Beratung zum Stand und zur Fortführung von fischereilichen Besatzmaßnahmen in MV im LALLF stattfinden. Anwesend waren neben den verantwortlichen MitarbeiterInnen des LALLF Vertreter
- des Ministeriums für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt,
- des Landesanglerverbandes MV,
- des Salmoniden- und Gewässerschutzvereins e.V. MV,
- des Landesfachausschusses für Feldherpetologie und Ichthyofaunistik im NABU M-V e.V.,
- von Wissenschaftlern des Instituts für Fischerei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei sowie
- der mit der Durchführung von wissenschaftlichen Untersuchungen beauftragten Unternehmen.
Vorgestellt und diskutiert wurden die Ergebnisse der Effizienzkontrollen zum Meerforellenbesatz, die Erkenntnisse eines zweijährigen Smoltmonitorings in ausgewählten Fließgewässern des Landes sowie der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Untersuchungen zum Ostseeschnäpel und zum experimentellen Glasaalbesatz von ausgewählten Küstengewässern in den Jahren 2014 bis 2016.
Als Fazit der konstruktiven Veranstaltung wurde die Fortführung von noch erforderlichen Besatzmaßnahmen mit Meerforellen befürwortet. Dazu ist eine fachliche Abstimmung zwischen allen Beteiligten, insbesondere zur Auswahl der jährlichen Besatzgewässer, vereinbart worden.
Der versuchsweise Glasaalbesatz in Küstengewässern hat sich nach den nunmehr vorliegenden Ergebnissen des Kooperationsprojektes zwischen Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei MV und dem LALLF als sehr erfolgreich erwiesen. Daher wurde im Hinblick auf die gegenwärtig äußerst schwierige Situation der hiesigen Küstenfischerei die künftige Durchführung von Besatzmaßnahmen mit Glasaalen auch in Küstengewässern beschlossen. Das Institut für Fischerei wird diese fachlich begleiten und erarbeitet Empfehlungen zur Umsetzung des Aalbesatzes. Für die Fischart Ostseeschnäpel laufen noch umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen, deren Ergebnisse voraussichtlich im Jahr 2022 vorliegen und erst dann evaluiert werden können. So haben die FachkollegInnen des LALLF nochmals die Lieferung von Ostseeschnäpel-Besatz für das Frühjahr 2022 beauftragt.
Maßnahmen zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes
Im IV. Quartal 2019 hat die Länder-Arbeitsgruppe (unter Leitung von Dataport Schleswig-Holstein) die Arbeit auf-genommen, um Empfehlungen für eine einheitliche Umsetzung der Anforderungen aus dem Onlinezugangsgesetz für die Anmeldung zur Fischereischeinprüfung, den Antrag auf Erteilung eines Fischereischeines auf Lebenszeit sowie des Touristenfischereischeins und die Erteilung der Fischereiabgabemarke zu erarbeiten. Damit ist auch die Kompatibilität und der Austausch der Registerdaten zwischen den Bundesländern verbunden, z. B. wenn ein Bürger umzieht. Im Jahr 2021 fanden regelmäßig die notwendigen Workshops der Länder-Arbeitsgruppe zur Erstellung der Verfahrensdokumentation statt.
Fischereiförderung
Der Europäische Meeres- und Fischereifonds (EMFF, Verordnung (EU) 508/2014) ist das aktuelle Förderinstrument für die Fischereiförderung. Ziele des EMFF sind u. a.
- die Förderung einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Fischerei,
- die Unterstützung der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU sowie
- die Förderung der Vermarktung und Verarbeitung von Fischerei- und Aquakulturerzeugnissen.
In MV erfolgt die Umsetzung insbesondere nach der Richtlinie zur Förderung der Fischerei, Aquakultur und Fisch-wirtschaft vom 05.12.2018. Weiterhin bestehen Fördermöglichkeiten gemäß der Richtlinie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur Förderung von Maßnahmen zur Anpassung der Fischereitätigkeit und der Entwicklung der Fischereiflotte (MAF-BMEL). Die Fischereiförderung wird durch das LALLF als Bewilligungsbehörde bearbeitet und umfasst gegenwärtig unter anderem Fördermöglichkeiten für
- Gesundheit und Sicherheit,
- Begrenzung der Folgen des Fischfangs für die Meeresumwelt und Anpassung des Fischfangs im Interesse des Artenschutzes (z. B. selektivere Fanggeräte),
- Energieeffizienz und Austausch und Modernisierung von Schiffsmotoren,
- Unterstützung für junge Fischer beim Erwerb eines ersten Fischereifahrzeugs,
- Förderung von Ausbildungsbetrieben in der Küstenfischerei,
- zeitweilige Stilllegung in der Küstenfischerei und
- endgültige Einstellung der Fangtätigkeit von Küsten-Fischereifahrzeugen („Abwrackung“).
Die Bearbeitung von Förderanträgen betraf 2021 überwiegend Anträge auf Unterstützungsleistungen für die vorübergehende Einstellung der Dorsch- und Heringsfischerei in der Ostsee gemäß MAF-BMEL. Die Maßnahmen sollen den Schutz des Dorsch- bzw. Heringsbestandes in der westlichen Ostsee unterstützen. Hintergrund ist die unverändert kritische Situation beider Bestände, die nunmehr seit Jahren zu inzwischen akut existenzbedrohenden Quotenkürzungen und damit vielfach zu einer extrem schwierigen wirtschaftlichen Situation betroffener Fischereibetriebe geführt hat.
Weiterhin dürfen diese Fördermaßnahmen im Rahmen des immer noch anzuwendenden EMFF nur für insgesamt 180 Tage je Fischereifahrzeug bzw. -betrieb in Anspruch genommen werden. Da diese Fördermaßnahmen in MV bereits seit dem Jahr 2017 laufen, haben viele Fischereibetriebe gegenwärtig keine oder nur noch sehr eingeschränkte Fördermöglichkeiten. Die Anzahl der Anträge hat daher zwangsläufig abgenommen. Eine Veränderung ist erst mit dem Inkrafttreten des Folgeinstruments EMFAF zu erwarten.
Für die zeitweilige Stilllegung zum Schutz des Dorschbestandes im Zeitraum Januar, April und Mai 2021 gingen im LALLF insgesamt 23 Anträge ein. Davon konnten für 18 Antragsteller Zuwendungen von insgesamt 108.914 Euro aus Mitteln der EU, des Bundes und des Landes MV bewilligt werden.
Für die zeitweilige Stilllegung zum Schutz des Heringsbestandes im August, September und Oktober 2021 wurden insgesamt 48 Anträge gestellt. An 44 Antragsteller konnten Zuwendungen von insgesamt 922.858 Euro aus Mitteln der EU, des Bundes und des Landes MV bewilligt werden.
Für die endgültige Einstellung der Fangtätigkeit sind 2021 insgesamt 21 Anträge gestellt worden. Davon konnten für 13 Antragsteller Zuwendungen von insgesamt ca. 1,95 Mio. Euro aus Mitteln der EU, des Bundes und des Landes MV bewilligt werden (Stand nach Abschluss der Antragsbearbeitung im März 2022). Insgesamt sind Fischereifahrzeuge im Umfang von 349 BRZ durch geförderte Verschrottung oder - bei traditionellen hölzernen Schiffen - dauerhafte Verbringung an Land aus der Fischerei ausgeschieden. Die Quoten dieser Fahrzeuge sind an den Bund zurückgefallen und werden durch diesen unter den verbleibenden Betrieben neu verteilt.
Die Bearbeitung der Anträge musste aufgrund der durch den Bund vorgegebenen sehr engen Fristen unverändert auch 2021 unter hohem Zeitdruck sowie außerdem den Einschränkungen der COVID-19-Pandemie bewältigt werden. Die starke Prioritätensetzung zugunsten der Fischereiförderung führte aufgrund der angespannten Personalsituation fortgesetzt zu erheblichen Bearbeitungsrückständen in anderen Aufgabenbereichen.
Weiterhin wurden Anfragen von Fischereibetrieben zu be¬stehenden Fördermöglichkeiten bearbeitet, wobei jedoch seitens der Fischerei bereits seit Längerem Diskrepanzen zwischen den bestehenden Fördermöglichkeiten des EMFF und dem tatsächlichen Bedarf kritisiert werden. Dies schlägt sich in den sicher auch deswegen bisher weitgehend fehlenden Anträgen auf Förderung investiver Vorhaben, z. B. an Bord von Fischereifahrzeugen, nieder.
Fischereiaufsicht
Die Mitarbeiter der fünf Fischereiaufsichtsstationen führen die Fischereiaufsicht an und auf den Binnen- und Küstengewässern, an den Anlandeorten, den Häfen, auf den Fischmärkten und den sonstigen Vermarktungseinrichtungen durch.
Den Fischereiaufsichtsstationen ist jeweils ein örtlicher Zuständigkeitsbereich zugeordnet, der sich an den Fischereibezirken orientiert, um die besonderen fischereibiologischen und fischereiwirtschaftlichen Bedingungen ausreichend zu berücksichtigen. Insgesamt umfasst der Kontroll- und Verwaltungsbereich:
- innere Küstengewässer (acht Fischereibezirke) ca. 170.000 ha,
- äußere Küstengewässer ca. 750.000 ha,
- Küstenlinie = 1.943 km, mit 118 Fischereistandorten,
- mehr als 2.000 Binnengewässer,
- ca. 330 Küstenfischer, ca. 240 MitarbeiterInnen der Binnenfischereibetriebe
- ca. 90.000 Angler in MV
Auf See und an Land bestehen die Schwerpunkte der Fischereiaufsicht unter anderem in
- der Überwachung und Kontrolle der Fischerei mit aktiven Fanggeräten,
- der technischen Erhaltungsmaßnahmen (Netzkonstruktion, Fluchtfenster, Maschenöffnung, Garnstärke),
- der Anlandungen und Fänge (Schonzeiten, Mindestmaße, Beifang).
Im Rahmen der Umsetzung von Kontrollmaßnahmen zum Wiederaufbauplan der Dorschbestände in der Ostsee wurde ein Dorschinspektionsprogramm mit spezifischen Eckwerten für die See- und Anlandekontrollen erstellt.
Kontrolldurchführung
Im Jahr 2021 sind 1.014 Kontrollen auf See vorgenommen worden, wobei mit den Fischereiaufsichtsfahrzeugen insgesamt 596 Seetage auf den Küstengewässern geleistet wurden. Im Weiteren führten die Fischmeister der fünf Fischereiaufsichtsstationen 1.453 Hafen- und Landkontrollen durch. Mitarbeiter der Dienststelle Rostock haben 49 Kontrollen im Rahmen der Marktordnung zur Kennzeichnung der Fischereierzeugnisse (26 Kontrollen) und Rückverfolgbarkeit (23 Kontrollen) vorgenommen.
Neben den Kontrollen der berufsmäßigen Fischerei unterliegt auch die Fischereiausübung der Angler der Kontrolle. Von den Fischmeistern der Fischereiaufsichtsstationen des LALLF wurden auf den Küsten- und teilweise auch Binnengewässern über 8.200 Kontrollen zur anglerischen Fischereiausübung vorgenommen. Auch in den durchgeführten Kontrollen widerspiegeln sich die Auswirkungen der Pandemie. Die für die Behörden geltenden Hygienemaßnahmen führten dazu, dass die Routinekontrollen heruntergefahren und mehrheitlich Anlasskontrollen sowie Kontrollen nach den EU-Programmen durchgeführt wurden. Auch die Kontrollen zur Marktordnung fanden überwiegend nur im Sommerhalbjahr statt. Sie bezogen sich größtenteils auf vorverpackte Fischerzeugnisse bei Verarbeitern und im Einzelhandel.
Ehrenamtliche Fischereiaufsicht
Coronabedingt konnte die Verpflichtungsveranstaltung zur Bestellung von ehrenamtlichen Fischereiaufsehern erst zum Ende des II. Quartals stattfinden. 29 Personen wurden in die Befugnisse eines Fischereiaufsehers eingewiesen und verpflichtet. Zuvor hatten 39 Bürger bis zum November des Vorjahres einen Antrag auf Verpflichtung eingereicht. Am Eignungstest haben 20 Personen teilgenommen, von denen 16 den schriftlichen Test erfolgreich bestanden haben.
Somit waren 350 Fischereiaufseher bestellt. Sie konnten die Fischereiaufsicht an und auf den Gewässern des Landes MV durchführen und so zum Schutz der Fischbestände und zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Fischereiausübung beitragen. Von den Fischereiaufsehern sind 235 Mitglieder des Landesanglerverbandes M-V e.V., 45 Binnenfischer, 17 Beauftragte von Fischereiunternehmen und 53 sonstige.
Am 24.04.2021 fand in Güstrow die Schulung der Gruppenleiter der ehrenamtlichen Fischereiaufsicht mit 24 Teilnehmern statt. Es wurden Informationen zur aktuellen Entwicklung im Fischereirecht und zur Durchführung der Kontrollen im Jahr 2021 unter den Pandemiebedingungen gegeben sowie die Auswertung der Ergebnisse der Fischereiaufsicht des Jahres 2020 vorgenommen.
Im Jahr 2021 wurden von den ehrenamtlichen Fischereiaufsehern unter Beachtung und Einhaltung der Corona- Schutzmaßnahmen rund 4.550 Kontrolleinsätze durchgeführt, wobei über 16.000 Angler kontrolliert wurden. Im Ergebnis mussten 385 Anzeigen wegen der Feststellung von Verstößen gegen das Fischereirecht gefertigt werden.
Ermittlungsverfahren
Dem LALLF obliegt als zuständige Bußgeldbehörde die Verfolgung und Ahndung der im Rahmen der Fischerei-aufsicht festgestellten ordnungswidrigen Handlungen. Im Jahr 2021 wurden 1.370 rechtswidrige Handlungen gegen fischereirechtliche Vorschriften registriert. Damit ist die Anzahl gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen, welches auf die eingeschränkte Fischereiausübung und Kontrolldurchführung zurückzuführen ist. Betroffen waren 1.133 Angler, 174 Küstenfischer, 4 Binnenfischer, 52 Vermarkter und 7 sonstige.
Marktordnung: Sicherstellung der Fischetikettierung und Rückverfolgbarkeit
Im Jahr 2021 wurde aufgrund der coronabedingten Einschränkungen der Kontrolltätigkeit keine Festlegung von Fischvermarktungseinrichtungen nach dem risikoorientierten Verfahren vorgenommen. Kontrollen zur Fisch-etikettierung, zur Rückverfolgbarkeit von Fischereierzeugnissen und weiteren Marktordnungsmaßenahmen wurden anlassbezogen bzw. im Rahmen von Ausbildungsmaßnahmen durchgeführt. Dies betraf
- drei Fischereiunternehmen,
- 22 Einzelhandelsunternehmen,
- vier Großhandelsunternehmen,
- acht Gastronomieeinrichtungen und
- neun Unternehmen der Fischverarbeitung.
Durch die Lebensmittelkontrolle der Landkreise (VLA) wurden sechs Vermarktungseinrichtungen im Rahmen der Kontrolle oder der Probenahme „Fisch“ erfasst und die festgestellten Mängel zur Etikettierung dem LALLF zur Prüfung übergeben.
Im Rahmen der eingeleiteten Ermittlungsverfahren wurden
- vier Verfahren an die zuständige Behörde weitergeleitet,
- drei Verfahren eingestellt,
- vier Verwarnungen ausgesprochen,
- in acht Fällen wurden ein Verwarnungsgeld und
- in 14 Fällen ein Bußgeld verhängt.
19 Fälle waren zum Zeitpunkt der Berichtserstellung 2021 noch nicht abgeschlossen.